Raketentriebwerk

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Raketentriebwerke (auch Raketenmotoren) dienen dem Antrieb von Flugkörpern (Raketen, Flugzeuge) und Raumfahrzeugen. Raketentriebwerke trennen Impuls zwischen Flugkörper und austretendem Strahl (Rückstoss-Prinzip). Je höher die Relativgeschwindigkeit des nach hinten ausgestossenen Strahls, desto effektiver ist das Triebwerk.

chemische Raketentriebwerke

Ein chemisches Raketentriebwerk arbeitet im Gegensatz zum Strahltriebwerk völlig unabhängig von seiner Umgebung, da alle zur Verbrennung notwendigen Stoffe mitgeführt werden. Man unterscheidet zwischen Feststoff-, Flüssigkeits- und hybriden Triebwerken

  • Feststofftriebwerk: Der Treibstofftank ist gleichzeitig auch die Brennkammer. Man unterscheidet zwischen Stirnbrennern, bei denen der zylindrische Brennstoffblock vom Ende her abbrennt und Zentralbrennern, bei denen ein Brennkanal von zylindrischem, sternförmigem oder sonst prismatischem Querschnitt durch die gesamte Länge des Treibstoffblocks verläuft und dieser von innen her abbrennt. Stirnbrenner entwickeln für längere Zeit eine geringe Schubkraft, Zentralbrenner für sehr viel kürzere Zeit eine sehr hohe Schubkraft. Feststofftriebwerke benötigen keine Tanks, Zuleitungen oder Steuerventile, sind ungefährlich zu lagern und erreichen eine hohe Schubkraft. Feststoffraketen sind aber schlecht zu regulieren und besitzen ein schlechtes Schub-Gewicht-Verhältnis. Sie werden deshalb meist nur als Booster eingesetzt.
  • Flüssigkeitstriebwerk: Der Aufbau von Flüssigkeitsraketentriebwerken ermöglicht eine Schubregulierung, lange Arbeitszeit und eine relativ günstige Wiederverwendung. Brennstoff und Oxidator sind ausserhalb des Triebwerks in isolierten und korrosionsfesten Tanks gelagert. Man unterscheidet zwischen Haupt- und Nebenstromtriebwerken. Bei Hauptstromtriebwerken werden die Treibstoffe durch die Brennkammer geführt. Die Turbinen zur Treibstoffförderung werden hierbei entweder durch eine im Kühlsystem des Triebwerkes erhitzte Treibstoffkomponente (Expander Cycle) oder durch ein in einer Vorbrennkammer erzeugtes Arbeitsgas angetrieben (Staged Combustion Cycle). Bei Nebenstromtriebwerken werden die Teile der Treibstoffe, die zum Betrieb der Turbinen der Treibstofförderung verwendet werden, nicht durch die Hauptbrennkammer geführt.
  • Hybridraketentriebwerk: In Hybridraketentriebwerken werden feste und flüssige Treibstoffkomponenten gemeinsam verwendet. Beide Treibstoffe reagieren selbstständig miteinander.

Thermodynamik

Das chemischen Raktenantrieb entlässt heisses Gas aus einer Brennkammer durch eine speziell geformte Düse (Lavaldüse). Die Temperatur des schneller werdenden Gases wird durch die Espansion gesenkt. Weil die Strömung durch die Düse praktisch adiabatisch (ohne Wärmeaustausch zwischen Gas und seiner Umgebung) erfolgt, bleibt die vom Gas mitgeführte Energie (innere Energie, Druckenergie und kinetische Energie) längs des Transportweges erhalten

[math]I_W = (w + \frac {p}{\rho} + \frac {v^2}{2})I_m = konst.[/math]

Die ersten beiden Terme, die innere Energie und der Druck durch die Dichte oder der Druck mal das spezifische Volumen können zur spezifischen Enthalpie zusammengefasst werden

[math]I_W = (h + \frac {v^2}{2})I_m = (\hat h + \hat m \frac {v^2}{2})I_n = konst.[/math]

In der zweiten Gleichung ist der vom Gas mitgeführte Energiestrom (Enthalpie und kinetische Energie) vom Massenstrom auf den Stoffmengenstrom umgerechnet worden. Geht man davon aus, dass die Gesamtstoffmenge nach dem Verbrennungsprozess erhalten bleibt, gilt bezüglich zweier Referenzflächen

[math]\hat h_1 + \hat m \frac {v_1^2}{2} = \hat h_2 + \hat m \frac {v_2^2}{2}[/math]

oder umgeformt

[math]\Delta \hat h = \hat c_p \Delta T = -\hat m \Delta (\frac {v^2}{2}) [/math]

Wählt man den ersten Bezugspunkt in der Brennkammer (Temperatur T0, Druck p0, Geschwindigkeit v0 = 0), erhält man für die Strömungsgeschwindigkeit an einer beliebigen Referenzfläche

[math]v = \sqrt {\frac {2 \hat c_p}{\hat m}(T_0 - T)} = \sqrt {2 c_p (T_0 - T)}[/math]

Im Idealfall (keine Reibung, keine Turbulenzen) bleibt die Entropie längs des Strahles erhalten. In diesem Fall erhält man mit der Umformung von der molaren Enthalpiekapazität auf den Isentropenexponenten [math]\hat c_p = \frac {\kappa R}{\kappa - 1}[/math] und der Zustandsgleichung des idealen Gases für isentrope Prozesse [math]\frac {T}{T_0} = \left[\frac {p}{p_0} \right]^{\frac {\kappa - 1}{\kappa}}[/math] aus obiger Beziehung die St.-Vernant-Wantzel-Formel

[math]v = \sqrt {\frac {2 \kappa}{\kappa - 1} \frac {R T_0}{\hat m} \left( 1 - \left[\frac {p}{p_0}\right]^{\frac {\kappa -1}{\kappa}} \right)} = \sqrt {\frac {2 \kappa}{\kappa - 1} R_s T_0 \left( 1 - \left[\frac {p}{p_0}\right]^{\frac {\kappa -1}{\kappa}} \right)}[/math]

Gelänge es durch geeigneten Bau der Düse das Gas verlustlos bis auf den Druck Null zu entspannen, wäre die Ausströmgeschwindigkeit cmax gleich

[math]c_{max} = \sqrt {\frac {2 \kappa}{\kappa - 1} \frac {R T_0}{\hat m}} [/math]

Das ausströmende Gas hätte dann eine Temperatur von Null Kelvin! Die auf eins normierte Geschwindigkeit hängt damit wie folgt vom Druckverhältnis ab

[math]\frac {v} {c_{max}} = \sqrt { 1 - \left[\frac {p}{p_0}\right]^{\frac {\kappa -1}{\kappa}} } [/math]

Lavaldüse

Die Lavaldüse ist eine von Ernst Körting 1878 für Dampfstrahlapparate und dem Schweden Carl Gustav Patrik de Laval 1883 für die Beaufschlagung von Dampfturbinen mit Wasserdampf unabhängig voneinander entwickelte Düse.

Der durch die Düse fliessende Massenstrom [math]I_m = A \rho v[/math] ist bezüglich jeden Querschnitts konstant.

Weil die Strömung adiabatisch ist, gilt

[math]\frac {\rho}{\rho_0} = \left( \frac {p}{p_0} \right) ^{\frac {1}{\kappa}} = \left( 1 - \frac {v^2}{c_{max}^2} \right) ^{\frac {1}{\kappa -1}}[/math]

Die zweite Umformung basiert auf der St.-Vernant-Wantzel-Formel. Dividiert man den Ausdruck für die Massenstromstärke durch ρ0 und cmax und setzt dann für die relative Dichte den oben hergeleiteten Ausdruck ein, erhält man den Zusammenhang zwischen Querschnitt und Strömungsgeschwindigkeit

[math]\frac{I_m}{\rho_0 c_{max}}=A\left[\frac{v}{c_{max}}\cdot\left(1-\frac{v^2}{c_{max}^2}\right)^{\frac{1}{\kappa -1}}\right]=A\left[x\cdot\left(1-x^2)\right)^{\frac {1}{\kappa-1}}\right][/math]=konstant

Solange x viel kleiner als eins ist, verhält sich das Gas wie ein inkompressibles Fluid. Nähert sich x der Zahl eins, muss der Querschnitt schnell wachsen. Der enste Querschnitt liegt bei

[math]x = \sqrt {\frac {\kappa - 1}{\kappa + 1}} = \frac {v}{c_{max}}[/math]

Die Strömungsgeschwindigkeit ist dort gleich

[math]v_s = c_{max} \sqrt {\frac {\kappa - 1}{\kappa + 1}} = \sqrt {\frac {2 \kappa}{\kappa + 1} \frac {R T_0}{\hat m}} = \sqrt {\kappa \frac {R T_s}{\hat m}}[/math]

was gerade der Schallgeschwindigkeit bei der dort herrschenden Temperatur entspricht. Die Temperatur an der engsten Stelle der Düse gewinnt man durch folgende Gleichsetztung

[math]v_s = \sqrt {\frac {2 \kappa}{\kappa + 1} \frac {R T_0}{\hat m}} = \sqrt {\frac {2 \hat c_p}{\hat m}(T_0 - T)}[/math]

Ionentriebwerk

Die Ausströmgeschwindigkeit der auf chemischem Weg beschleunigten Gase ist durch Temperatur und Druck in der Brennkammer sowie durch die Molmasse der ausströmenden Stoffe begrenzt. Ionen lassen sich im elektrischen Feld auf viel höhere Geschwindigkeiten beschleunigen als heisse Gase in einer Lavaldüse. Ein elektrisches Feld mit der Spannung U überträgt einem Teilchen mit der Masse m und der Ladung Q die Energie

[math]W_{el} = U Q = \frac {m}{2} v^2 = W_{kin}[/math]

Die Ausströmgeschwindigkeit oder der spezifische Impuls ist demnach gleich

[math]v = \sqrt {2 U \frac {Q}{m}} = \sqrt {2 U q}[/math]

q steht für die spezifische Ladung. Gemäss dieser Überlegung müsste man einen Ionentriebwerk mit Elektronen betreiben. Ein Ionentriebwerk arbeitet aber nur stationär, wenn es die Gas zuerst ionisiert, die Ionen und die Elektrionen geterennt beschleunigt und das Gas beim Austritt wieder neutralisiert. Ein reiner Ionenstrahl würde zu stark divergieren.

Die Schubkraft (spezifischer Impuls mal Massenstromstärke) ist bei einem Ionentriebwerk gleich

[math]F = v I_m = \sqrt {2 U q} I_m = \sqrt {2 U I I_m} = \sqrt {2 P I_m}[/math]

Steht eine bestimmte elektrische Leistung P zur Verfügung (z.B. aus Solarzellen), hängt der Schub nur noch von der Stärke des Massenstromes und nicht von der Art der ausströmenden Teilchen ab.

Photonentriebwerke