Paradigmawechsel

Aus SystemPhysik

Begriff

Der Ausdruck Paradigmawechsel stammt vom Wissenschaftstheoretiker Thomas Samuel Kuhn (18. Juli 1922 - 17. Juni 1996). In seinem Hauptwerk The Structure of Scientific revolutions beschreibt Kuhn die Wissenschaft als Wechselspiel zwischen Phasen normaler Forschung, die sich abwechseln mit wissenschaftlichen Revolutionen. Eine Revolution ist nach Kuhn stets mit einem Paradigmenwechsel verbunden. Paradigmen von Theorien, die durch eine Revolution getrennt sind, bezeichnet Kuhn als inkommensurabel.

Mit wissenschaftlichen Revolutionen verändern sich nach Kuhn nicht nur die Theorien sondern auch das allgemeine Weltbild und die wissenschaftliche Praxis. Dies führte dazu, dass Kuhn wiederholt davon spricht, dass es so ist, als würde sich nicht unsere Interpretation sondern die Welt selbst ändern. Ein Paradigma betrifft selbst die Wahrnehmung der Wissenschaftler. Vorläufer bezüglich dieser Behauptung sind Ludwik Fleck (Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache) und Norwood Russell Hanson (Patterns of discovery). Aufgrund der kognitiven Dimension von Paradigmen vergleicht Kuhn Paradigmenwechsel mit sogenannten Gestaltwechseln, einem spontanen Wechsel der Wahrnehmung.

Paradigma des mechanischen Weltbildes

Punktmechanik

Das Newtonsche Paradigma der Punktmechanik geht von einem absoluten Raum aus, in dem sich kleine Körper mit einer festen Masse unter der Wirkung von Kräften bewegen. Die Bewegung kann mit einer absoluten Zeit parametrisiert werden, die unabhängig vom Beobachter überall gleich schnell verläuft.

Kräfte sind Wechselwirkungen zwischen je zwei Körpern, die auf beide Körper gleich stark einwirken. Wirken mehrere Kräfte auf einen Körper ein, dürfen sie vektoriell zur resultierenden Kraft addiert werden. Die resultierende Kraft ist proportional zur Beschleunigung, wobei die Masse als Proportionalitätsfaktor genommen werden darf.

Die Punktmechanik ist bestens geeignet, um die Bewegung von Himmelskörpern zu beschreiben. In dieser Modellstruktur ist die Graviation die einzige in Betracht zu ziehende Wechselwirkung. Weil die Stärke der Gravitationskraft proportional zum Produkt der Masse der beiden Partner ist, kürzt sich die Masse des zu analysierenden Körpers heraus. Das ganze Modell des Punkhaufens lässt sich durch einen Satz Differnzialgleichungen zweiter Ordnung beschreiben

[math]\ddot {\vec r}_{i} = \vec g_i[/math]

[math]\vec g_i = G \sum_{j}(\frac {m_j \vec s_{ij}}{s_{ij}^3})[/math]

Die Integration dieses Systems erlaubt nicht nur die frei Wahl eines Bezugspunkt. Das Bezugssystem darf sich sogar gleichförmig zum absoluten Raum bewegen. Deshalb ist die Existenz eines absoluten Raumes keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Punktmechanik. In der engeren Formulierung mit der Gravitation als einzige Wechselwirkung ist die Kraft ein Hilfsbegriff, der bei der Formulierung der Bewegungsgleichungen herausfällt.

starrer Körper

Das Modell des starren Körpers gewinnt man aus der Punkmechanik, indem die Abstände zwischen einer ausgewählten Zahl von Körpern eingefroren werden. Definiert man den Bahndrehimpuls gegenüber einem festen Punkt im absoluten Raum als

[math]\vec L = \vec s \times \vec p[/math]

wobei der Impuls p selber als Masse mal Geschwindigkeit definiert ist, kann die Wirkung der Kräfte auf einen starren Körper in zwei Teile zerlegt werden, in einen translatorischen Teil

[math]\sum_{i} \vec F_i = \dot {\vec p} = m \ddot{\vec s}_{MMP}[/math]

und einen rotatorischen Anteil

[math]\sum_{i} (\vec r_{i} \times \vec F_i )= \dot{\vec L}[/math]

Der Vektor r zeigt vom Massenmittelpunkt des starren Körpes zum "Angriffspunkt" der Kraft. Weil der Drehimpuls nicht so einfach mit der Winkelgeschwindigkeit verknüpft ist wie der Impuls mit der Geschwindigkeit, führt die Geometrisierung einem Satz von nichtlinearen Gleichungen, den Euler-Gleichungen.

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