Entropieproduktion: Unterschied zwischen den Versionen

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Entropie kann gespeichert und transportiert, aber auch produziert werden. Wird Entropie produziert, sagen wir oft, dass Wärme entsteht. In der Tat entspricht das umgangssprachliche Wort Wärme eher der [[Entropie]] als der [[Energie]].
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Ein Prozess setzt eine Prozessleistung frei, falls eine [[Primärgrösse]] über eine [[Potenzial|Potenzialdifferenz]] fällt. Die momentan freigesetzte Prozessleistung ist gleich dem Produkt aus Stromstärke und Potenzialdifferenz
   
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Wird diese Leistung von einem zweiten Prozess vollständig aufgenommen, liegt eine ideale [[Prozesskopplung]] vor. Andernfalls sagt man, dass die Energie dissipiert worden sei. Nun kann die Entropieproduktion direkt aus der dissipierten Leistung berechnet werden
 
Wird diese Leistung von einem zweiten Prozess vollständig aufgenommen, liegt eine ideale [[Prozesskopplung]] vor. Andernfalls sagt man, dass die Energie dissipiert worden sei. Nun kann die Entropieproduktion direkt aus der dissipierten Leistung berechnet werden
   
<math>\Pi_S = \frac {P_{diss}} {T}</math>
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Als Temperatur ist der am Ort des Prozesses zu messende Wert einzusetzen.
 
Als Temperatur ist der am Ort des Prozesses zu messende Wert einzusetzen.

Aktuelle Version vom 28. Dezember 2007, 10:56 Uhr

Phänomen

Entropie kann gespeichert und transportiert, aber auch produziert werden. Wird Entropie produziert, sagen wir oft, dass Wärme entsteht. In der Tat entspricht das umgangssprachliche Wort Wärme eher der Entropie als der Energie.

irreversibler Prozess

Fliesst eine Primärgrösse unkontrolliert über eine zugehörige Potenzialdifferenz, wird Entropie produziert.

Vorgang Primärprozess Primärgrösse, Potenzial
Strömungswiderstand hydrodynamisch Volumen, Druck
Vollbremsung translationsmechanisch Impuls, Geschwindigkeit
Rutschkupplung rotationsmechanisch Drehimpuls, Winkelgeschwindigkeit
Elektroheizung elektrisch Ladung, elektrisches Potenzial
Diffusion chemisch Stoffmenge, chemisches Potenzial
Wärmeleitung thermisch Entropie, Temperatur

Theorie

Ein Prozess setzt eine Prozessleistung frei, falls eine Primärgrösse über eine Potenzialdifferenz fällt. Die momentan freigesetzte Prozessleistung ist gleich dem Produkt aus Stromstärke und Potenzialdifferenz

[math]P=\Delta\varphi_M I_M[/math]

Wird diese Leistung von einem zweiten Prozess vollständig aufgenommen, liegt eine ideale Prozesskopplung vor. Andernfalls sagt man, dass die Energie dissipiert worden sei. Nun kann die Entropieproduktion direkt aus der dissipierten Leistung berechnet werden

[math]\Pi_S=\frac {P_{diss}} {T}[/math]

Als Temperatur ist der am Ort des Prozesses zu messende Wert einzusetzen.

Die Wärmeleitung folgt nicht ganz dem allgemeinen Schema ab, wonach eine Primärgrösse eine Leistung frei setzt, mit der Entropie produziert wird. Bei der Wärmeleitung produziert die durchfliessende Entropie selbst wieder Entropie, d.h. die produzierte Menge ist von der primär fliessenden nicht zu unterscheiden. Netto misst man am Ausgang eines Wärmeleiters dann einfach mehr Entropie als am Eingang. Dafür bleibt der Energiestrom erhalten.

Zeitumkehr

In der Raumzeit bildet die Zeit (eigentlich die Zeit mal die Lichtgeschwindigkeit) die vierte Dimension. Dennoch können wir uns in der Zeit nicht wie in den drei Raumrichtungen zurückbewegen. Der Grund dafür dürfte bei der Entropie zu suchen sein. Liesse man die Zeit rückwärts laufen, würde Entropie vernichtet. Und genau eine solche Entropievernichtung verbietet uns die Natur.

Ideale Prozesse, bei denen keine Entropie produziert wird, sind zeitumkehrinvariant. Nimmt man einen solchen Prozess auf DVD auf und lässt die Szene rückwärts laufen, sieht der Vorgang genau gleich aus wie vorher. Dabei müssen alle ablaufenden Prozesse berücksichtigt werden. Filmt man zum Beispiel einen Mann, der Klimmzüge macht, könnte es sein, dass dieser Vorgang im Rückwärtsgang genau gleich aussieht. Nur würde der Mann dann Sauerstoff ausstossen und Kohlendioxid einatmen. Auch der Schweiss würde kondensieren und in den Poren der Haut verschwinden.

Wärmetod

In einem geschlossenen System wird so lange Entropie produziert, bis sich ein absolutes Gleichgewicht einstellt. Dann gibt es keine Potenzialdifferenzen mehr, die noch irgendeinen Prozess antreiben können. Der Entropieinhalt des Systems ist dann unter den gegebenen Umständen maximal. Dieses Phänomen nennt man den Wärmetod.

Bis zur Formulierung der Grundprinzipien der Thermodynamik haben die Physiker das Universum als ein System gesehen, das im Prinzip mit der Newtonschen Punktmechanik beschreibbar ist. Pierre-Simon Laplace hatte sogar die Vermutung geäussert, dass ein Geist (Laplacescher Dämon), der die momentanen Werte aller Grössen des Universums kennt, sowohl die Zukunft voraussagen kann, als auch die Vorgeschichte aller Erscheinungen berechnen kann. Die Thermodynamik hat dieser mechanistischen "Uhrwerkphilosophie" den wissenschaftlichen Boden entzogen.

Jeder Mensch muss dauernd einen Entropiestrom von etwa 0.35 W/K abgeben können, damit er nicht an einem "Hitzestau" zugrunde geht. In der heissen Sauna, wo noch Wärme, also Entropie, mit dem Temperaturgefälle in den Körper hineinfliesst, wird die überschüssige Entropie über das Verdampfen von Schweiss abgeführt. Wasser nimmt beim Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand sehr viel Entropie auf. Doch wie rettet sich die Erde trotz Sonneneinstrahlung vor dem Wärmetod? Die Antwort findet man bei der Wärmestrahlung.