Hydromobil

Das Hydromobil ist eine virtuelles Fahrzeug, an dem die Impulsbilanz bei offenen Systemen geübt werden kann. Das Hydromobil ist oben offen, um das von oben hinein fallende Wasser aufzunehmen (1). Unten besitzt es einen Auslass, durch den es Wasser ablassen kann (2). Vorne (3) und hinten (4) ist das Hydromobil mit je einer Schlauchdüse bestückt, durch die mittels einer Pumpe Wasser horizontal weg gespritzt werden kann. Das Hydromobil kann in drei Modi betrieben werden. Im Modus frei rollt es reibungsfrei dahin. Im Modus fest sorgt ein geregelter Antrieb dafür, dass die Geschwindigkeit des Hydromobils auf einem konstanten Wert gehalten wird. Im Modus Reibung wirkt eine konstante Reibkraft an den Rädern gegen die Bewegung des Hydromobils.

Bilanzgleichungen

Die Impulsbilanz bezüglich des Hydromobils lautet

[math]F+v_1I_{m1}+v_2I_{m2}+v_3I_{m3}+v_4I_{m4}=\dot p=\dot m v+m\dot v[/math]

Alle Geschwindigkeiten sind gegen das Bezugssystem zu messen. Ist die Geschwindigkeit ci gegen das Hydromobil gegeben, gilt

[math]v_i=v+c_i[/math] i = 1, 2, 3, 4

Die Geschwindigkeit des vom Hydromobil aufgenommenen Wassers ist gleich Null, sobald es senkrecht herunter fällt. Die Geschwindigkeit des durch den Auslass (2) abfliessenden Wassers ist in der Regel gleich der Geschwindigkeit des Hydromobils, also gleich v.

Als zweite Gleichung benötigen wir noch die Massenbilanz

[math]I_{m1}+I_{m2}+I_{m3}+I_{m4}=\dot m[/math]

Im Modus fest fällt auf der rechten Seite der Term mit Beschleunigung weg, im Modus frei fehlt die Kraft und im Modus Reibung gilt

[math]F=-F_R\sgn(v)[/math]

Anwendungen

Rakete

Um die Bewegungsgleichung für eine reibungsfrei gleitende Rakete zu erhalten, werden alle Massenströme ausser der nach hinten gerichtete gleich Null gesetzt. Folglich kann auch auf die Indizierung verzichtet werden

[math](v-c)I_m=\dot m v+m\dot v[/math]

Ersetzt man die Änderungsrate der Masse über die (triviale) Massenbilanz, folgt die Raketengleichung

[math]-cI_m=m\dot v[/math] oder [math]-c\dot m=m\dot v[/math]

Man beachte, dass hier der Massenstrom bezüglich der Rakete negativ ist. Den Ausdruck -cIm nennt man oft auch Schubkraft. Mit dieser Umschreibung kann die Rakete als Anwendung des Newtonschen Grundgesetzes verkauft werden, was natürlich grober Unfug ist.

Separiert man die Raketengleichung, liefert eine Integration nach der Zeit

[math]v=v_0+c\ln\frac{m_0}{m}[/math]

Güterwagen

Müssen ganze Eisenbahnzüge mit Schüttgut beladen werden, zieht die Lok die Wagen mit konstanter Geschwindigkeit unter dem Silo durch. Die Impulsbilanz nimmt dann die folgende Gestalt an

[math]F_{Res}=v\dot m[/math]

Die resultierende Kraft auf den zu beladenden Wagen ist gleich der Geschwindigkeit des Wagens mal die Änderungsrate der Masse, die wiederum gleich der Stärke des von oben zufliessenden Massenstroms ist. Weil dieser Massenstrom nicht mit Impuls beladen ist, tritt er auf der linken Seite der Gleichung nicht auf. Dem Wagen muss Impuls zugeführt werden (resultierende Kraft), damit die neu dazu kommende Masse entsprechend der Geschwindigkeit des Wagens Impuls speichern kann.

Würde eine Güterwagen beladen, ohne dass eine horizontal gerichtete Kraft angreift (Mdous frei), gilt

[math]0=\dot m v+m\dot v[/math]

Die Beschleunigung ist dann gleich

[math]\dot v=-v\frac{\dot m}{m}[/math]

Auto im Regen

Ein Auto fährt durch ein Gewitter. Wie viel zusätzliche Energie wird benötigt, um das Wasser auf die Geschwindigkeit des Wagens zu beschleunigen. Als Modell nehmen wir das Hydromobil im Modus fest. Die Massenströme 1 und 2 sind entgegen gesetzt gleich gross, die beiden andern gleich Null. Damit nimmt die Impulsbilanz folgende Form an

[math]F+vI_{m2}=0[/math]

Nimmt man den Massenstrom 1 statt den Strom 2 und lässt den Index weg, ist die notwendige Antriebskraft gleich

[math]F=vI_m[/math]

Die Prozessleistung, um den zu F gehörenden Impulsstrom vom Boden ins Hydromobil zu pumpen, ist gleich

[math]P=v^2I_m[/math]

Diese Prozessleistung ist doppelt so gross, wie der vom abfliessenden Wasser mitgenommene Energiestrom (nur der zur Horizontalbewegung gehörende Teil der kinetischen Energie)

[math]I_W=\frac 12 v^2I_m=\frac 12 \varrho v^2I_V=\varrho_{W}I_V[/math]

Die fehlende Hälfte wird beim Aufschlag des Wassers im Hydromobil oder beim Aufschlag des Regens auf das Auto dissipiert.