Modelica: Konnektoren
Eine objektorientierte Modellierungsmethode, bei der einzelne Komponenten nach dem Lego-Prinzip zu grossen Modellen zusammengefügt werden können, benötigt vordefinierte Verbindungsstücke (Konnektoren), die festlegen, wie die einzelnen Komponenten miteinander wechselwirken. Mit dem Energieträgerkonzept der Karlsruher Physikkurses bietet die Sytstemphysik eine effiziente Methode an, um das Verhalten solcher Verbindungsstücke zu beschreiben. Eine ähnliche Idee liegt der Modellierungsmethode mit Bondgraphen zugrunde.
Energieträgermodell der Systemphysik
In der Systemphysik geht man von sieben mengenartigen Grössen und den zugehörigen Potentialen aus. Multipliziert man die Stärke des Mengenstromes mit dem jeweiligen Potential, erhält man den zugeordneten Energiestrom IW
- [math]I_W=\varphi_{Menge}I_{Menge}[/math]
Die untenstehende Tabelle zeigt die sieben bilanzierfähigen Mengen der Physik
Menge | Zeichen | Einheit | Potenzial | Zeichen | Einheit | Bemerkung |
---|---|---|---|---|---|---|
Volumen | V | m3 | Druck | p | Pa | keine Erhaltungsgrösse |
Masse | m | kg | Gravitationspotential | φG | J/kg | schwere Masse |
Stoffmenge | n | mol | chemisches Potential | μ | J/mol | keine Erhaltungsgrösse, viele Komponenten |
elektrische Ladung | Q | Coulomb C | elektrisches Potential | φ | Volt V | auch negative Werte möglich |
Impuls | px | 1 Ns = 1 kgm/s | Geschwindigkeit | vx | m/s | drei "Sorten" |
Drehimpuls | Lx | 1 Nms = 1 kgm2/s | Winkelgeschwindigkeit | ωx | 1/s | drei "Sorten" |
Entropie | S | J/K | Temperatur | T | Kelvin (K) | nur Produktion |
Die ersten beiden Grössen können nur konvektiv, also mittels Bewegung transportiert werden. Stoffmenge, Impuls und Entropie lassen sich sowohl leitungsartig als auch konvektiv transportieren. Die elektrische Ladung strömt meist nur leitungsartig durch das Material hindurch und der Drehimpuls nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als dessen Transport nicht lokalisiert werden kann. Diese Unterschiede wirkt sich auf die Definition der Konnektorgrössen aus.
konvektive Transporte
Volumen, Masse und meist auch Stoffmenge werden konvektiv, also mittels Bewegung transportiert. An einem konvektiven Transport sind ein ganzes Bündel von Mengen beteiligt. Strömt zum Beispiel Wasser durch ein Rohr, wird Masse, Eigenvolumen der Flüssigkeit, Impuls, Stoffmenge und Energie mittransportiert. Meist beachtet man die Stoffmenge nicht und bezieht den Impulstransport nur dann mit ein, wenn er für die entsprechende Modellbildung von Bedeutung ist.
Wenden wir uns nun dem Energietransport zu. Energie kann als hydraulisch zugeordneter Energiestrom (Druck mal Volumenstromstärke), als gravitativ zugeordneter Energiestrom (Gravitationspotential mal Massenstromstärke), als kinetischer Energiestrom (Energiedichte mal Volumenstromstärke) und als Strom von innerer Energie (spezifische innere Energie mal Massenstromstärke) transportiert werden
- [math]I_W=pI_V+\varphi_G I_m+\varrho_{W_{kin}}I_V+w I_m=\left(p+\varrho g z+\frac{\varrho}{2}v^2+w\varrho\right)I_V=\left(\frac{p}{\varrho}+ gz+\frac{v^2}{2}+w\right)I_m[/math]
w steht hier für die spezifische innere Energie, also die innere Energie pro Masse. Solange man nur inkompressible Fluide modellieren will, kann man das Eigenvolumen als Bilanzmenge nehmen. Im allgemeinen Fall zieht man primär Bilanzgrösse Masse bei. Nun kann man den ersten und den letzten Term in der Klammer zur spezifischen Enthalpie h zusammenfassen.
- [math]I_W=\left(h+gz+\frac{v^2}{2}\right)I_m[/math]
Wie man daraus die Fluss- und Potentialgrössen für die Konnektoren bildet, ist mit einer gewissen Willkür behaftet.
Video: Energietransport
feldartiger Transporte
Entropie, Impuls und Drehimpuls können zwischen Körper und elektromagnetischem oder gravitativem Feld ausgetauscht werden. Statt von Stromstärke spricht man dann von Quellenstärke. Oft ist eine Unterscheidung zwischen Strom- und Quellenstärke nicht relevant und kann weggelassen werden. Eine wichtige Ausnahem ist die Gravitationskraft, die Quellenstärke des Impulses bezüglich des Gravitationsfeldes. Solange man sich auf der Erdoberfläche befindet, kann eine fixe Feldstärke (g = 9,81 N/kg) verwendet werden. Um Modelle zu entwickeln, die in verschieden starken Gravitationsfeldern funktionieren, stehen die Schlüsselwörter outer
und inner
zur Verfügung. Wird das Schlüsselwort outer
vor einer Funktion oder einer Variablen platziert, bezieht sich der nachfolgende Ausdruck nicht auf etwas, was innerhalb dieses Modells definiert oder deklariert ist, sondern irgendwo in der übergeordneten Struktur.
Konnektoren der Standard-Bibliothek
Die folgenden Konnektoren werden in der Standard-Biblothek verwendet
domain | potential variables | flow variables | stream variables |
---|---|---|---|
electrical analog | electrical potential | electrical current | |
electrical multi-phase | vector of electrical pins | ||
electrical space phasor | 2 electrical potentials | 2 electrical currents | |
stationaray single phase | complex electrical potential | complex electrical current | |
quasi stationary multi-phase | vector of quasi stationary single phase pins | ||
electrical digital | Integer (1..9) | ||
magnetic flux tubes | magnetic potential | magnetic flux | |
magnetic fundamental wave | complex magnetic potential | complex magnetic flux | |
translational | distance | cut-force | |
rotational | angle | cut-torque | |
3-dim. mechanics | position vector orientation object | cut-force vector cut-torque vector | |
simple fluid flow | pressure, specific enthalpy | mass flow rate, enthalpy flow rate | |
thermo fluid flow | pressure | mass flow rate | specific enthalpy, mass fractions |
heat transfer | temperature | heat flow rate | |
blocks | Real variable, Integer variable, Boolean variable | ||
complex blocks | Complex variable | ||
state machine | Boolean variables (occupied, set,available, reset) | ||
hydraulic | pressure | volume flow rate | |
pneumatic | pressure | mass flow rate |
Üblicherweise werden pro Domain zwei Konnektoren definiert, die identisch sind, aber unterschiedlich bezeichnet werden. Die beiden Konnektoren werden für die Orientierung der Stromglieder. Die Definition der Potentiale und Grundmengen entspricht nicht überall der Philosophie der Systemphysik. Abweichungen ergeben sich unter anderem in der Translationsmechanik (Ort statt Geschwindigkeit), der Rotationsmechanik (Winkel statt Winkelgeschwindigkeit) und der Thermodynamik (Energie statt Entropie).
Konnektoren der Systemphysik-Bibliothek
Die Konnektoren der Systemphysik-Bibliothek sind so gewählt,dass das Produkt aus Potential und Mengenstromstärke einen zugeordneten Energiestrom ergibt. Einzig Ausnahme ist die Pneumatik, weil hier konvektive Transporte beschrieben werden.
Domain | Potential | Stromgrösse | stream-Variable |
---|---|---|---|
Hydrodynamik | Druck | Volumenstromstärke | |
Elektrodynamik | elektrisches Potential | Stärke des elektrischen Stromes | |
Translationsmechanik | Geschwindigkeit | Kraft | |
Rotationsmechanik | Winkelgeschwindigkeit | Drehmoment | |
Thermodynamik | absolute Temperatur | Entropiestromstärke | |
Chemie | chemisches Potential | Stoffmenge | |
Pneumatik | Druck | Massenstromstärke | spezifische Enthalpie? |