Trägheitskraft
Der Begriff Trägheitskraft wird in Naturwissenschaft und Technik auf mindestens zwei Arten angewendet. Weil zudem der Kraftbegriff mehrfach belegt ist, kumulieren sich im Umfeld von Trägheits- oder Scheinkraft alle möglichen Missverständnisse.
Kraftbegriff
In der Umgangssprache versteht man unter Kraft etwa Ursächliches, Treibendes (Motorkraft, Muskelkraft, Manneskraft). Isaac Netwon selber hat zur Klärung des Kraftbegriffs wenig beigetragen. Einmal meint er mit Kraft den Impuls, ein andermal bezeichnet er die Ursache einer Bewegungsänderung als Kraft. Erst Leonhard Euler hat den Kraftbegriff exakt definiert. Seither wird jede Einwirkung auf einen Körper, die dessen Geschwindigkeit verändert, als Kraft bezeichnet. Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat die Kraft eine weitere Umdefinition erfahren. In der heutigen Physik werden die vier Wechselwirkungen (elektromagnetische, starke, schwache und gravitative) als Grundkräfte bezeichnet, wobei die starke und schwache Wechselwirkung in keiner Weise auf die von Euler aufgestellte Definition zurück geführt werden können. Sowohl die starke als auch die schwache Wechselwirkung sind nur quantenmechanisch erklärbar. Zudem hat der Begriff Beschleunigung in der Quantenmechanik nichts mehr zu suchen.
Wer heute Kraft sagt, meint nicht immer das Gleiche. In der klassischen Physik und in der Technik versteht man unter einer Kraft eine Einwirkung auf ein System, welche dessen Schwerpunkts-Beschleunigung beeinflusst. In der modernen Physik taucht der Begriff Kraft nur noch im Zusammenhang mit den vier grundlegenden Wechselwirkungen (Bosonenfelder) auf. Die Physik der dynamischen Systeme schlägt nun eine Brücke zwischen diesen beiden Konzepten. Eine Kraft beschreibt die Stärke eines Impulsstromes oder einer Impulsquelle bezüglich eines ausgewählten Körpers
- [math]\sum_i\vec F_i+\vec F_G=\dot{\vec p}[/math]
In der Summe stehen alle Oberflächenkräfte (Impulsstromstärken). Die Gravitatioskraft ist separat aufgeführt, weil hier der Impuls über das Volumen (quellenartig) und nicht über die Oberfläche ausgetauscht wird.
Die Rückführung der Kraft auf den Impuls trägt einiges zur Klärung bei. Sowohl in der Newton-Eulerschen als auch der modernen Bedeutung beschreibt die Kraft den Austausch von Impuls. In der klassischen Physik ist dieser Impulsaustausch direkt über die Geometrie als Beschleunigung des Schwerpunktes messbar, wogegen in der modernen Physik die kinematischen Grössen Geschwindigkeit und Beschleunigung jede Bedeutung verloren haben.
Trägheitskraft als Gravitation
Die eine Verwendung des Begriffs Trägheitskraft geht vom Konzept des Ineratialsystems. Nach den Vorstellungen von Newton sind Raum und Zeit absolute, von Gott geschaffene Grössen. Newton hat den Weltraum als Kasten gesehen, der als Bühne für die Mechanik dient. Weil in seiner Mechanik die direkt messbaren Kräfte nur die Beschleunigung und nicht die Geschwindigkeit eines Körpers bestimmen, spielt es für die Beschreibung einer Bewegung keine Rolle, ob sich das Beobachtungssystem mit konstanter Geschwindigkeit gegen diesen Raum bewegt, oder ob der Beobachter relativ zum Weltraum ruht. Weil in allen Beobachtungssystemen, die sich relativ zum Weltraum gleichförmig bewegen, das Trägheitsprinzip von Galileo Galilei git (1. [Newtonsche Axiome|Newtonsches Axiom]] gilt, nennt dies Inertialsysteme.
Die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein hat die Vorstellung vom Weltraum als ruhenden Kasten widerlegt, die Idee des Inertialsystems aber beibehalten. Gemäss Einstein sind alle frei fallenden Systemen (lokal) Inertial.
- [math]\sum_i\vec F_i+m_t\vec g=m_s\dot{\vec v}[/math]