Keplersche Gesetze
Die drei keplerschen Gesetze (auch Kepler-Gesetze) sind nach dem Astronomen und Naturphilosophen Johannes Kepler benannt. Er formulierte diese Gesetzmässigkeiten für die Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne, als er sie in Bezug zu einer gesuchten Harmonik untersucht. Für Trabanten (Planeten, Planetoiden, Kometen), die sich um ein Zentralgestirn (Sonne oder Planet) bewegen, gilt
- 1. Keplergesetz: Die Umlaufbahn eines Trabanten um das Zentralgestirn bildet eine Ellipse. Das Zentralgestirn liegt in einem der beiden Brennpunkte der Ellipse.
- 2. Keplergesetz: In gleichen Zeiten überstreicht der Fahrstrahl (Verbindung Trabant-Zentralgestirn) gleiche Flächen.
- 3. Keplergesetz: Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Trabanten verhalten sich wie Kuben der grossen Halbachsen.
Geschichte
Kepler formulierte die Kinematik der Planetenbahnen in drei Gesetzen, von denen er die beiden ersten relativ rasch fand (Astronomia Nova, „Neue Astronomie“, 1609). Die Suche nach dem dritten dauerte ein Jahrzehnt. Er fand dieses Gesetz Mitte 1618 (Harmonices Mundi, publiziert 1619). Dabei kam ihm vermutlich die in der Musik zu findende Harmonik zu Hilfe. Eine wichtige Grundlage für Kepler waren die Beobachtungen von Tycho Brahe und seine eigenen als Tychos Assistent. Das vorzügliche Beobachtungsmaterial vom Planeten Mars war insbesondere für die beiden ersten Gesetze (Ellipsen- und Flächensatz) bedeutsam.
Ein anderes in diesem Kontext von Kepler aufgestelltes Gesetz über die wirkende Kraft, die Anima motrix, hat sich als nicht zutreffend erwiesen. Die keplerschen Planetengesetze wurden später von Isaac Newton|Newton in den allgemeineren Zusammenhang seines Gravitationsgesetzes gestellt. Das 2. Gesetz ist eine geometrische Deutung des Bahndrehimpulses. Die Keplerschen Gesetze sind keine Naturgesetze, sondern eine Zusammenfassung von Beobachtungen.
Form der Gesetze
Erstes keplersches Gesetz (Ellipsensatz)
- Die Umlaufbahn eines Trabanten ist eine Ellipse. In einem der beiden Brennpunkt der Ellipse liegt das Zentralgestirn.
Dieses Gesetz ergibt sich aus Newtons Gravitationsgesetz, sofern die Masse des Zentralkörpers wesentlich grösser als die der Trabanten ist.
Zweites keplersches Gesetz (Flächensatz)
- In gleichen Zeiten überstreicht der Fahrstrahl Trabant – Zentralgestirn gleiche Flächen.
Unter dem Fahrstrahl versteht man die Verbindungslinie zwischen dem Schwerpunkt eines Himmelskörpers, z. B. eines Planeten oder Mondes, und dem Gravitationszentrum des Zentralgestirns.
Kepler formulierte das Gesetz nur für Planeten und die Sonne. Es gilt aber für alle Himmelskörper, die sich um einen viel massiveren Zentralkörper bewegen. Ein Komet bewegt sich also schnell, wenn er sich nahe an der Sonne befindet und langsamer, sobald er weit von der Sonne weg ist.
Drittes keplersches Gesetz
- Die Quadrate der Umlaufzeiten entsprechen den Kuben der großen Halbachsen
Die Quadrate der Umlaufzeiten T je zweier Trabanten sind proportional zu den dritten Potenzen der grossen Halbachse a ihrer Ellipsenbahnen
- [math]\left( \frac{T_1}{T_2} \right)^2 = \left( \frac{a_1}{a_2} \right)^3 [/math]
Aus diesem Gesetz hat Newton die konkrete Form des Gravitationsgesetzes abgeleitet.
Gravitationsgesetz
Aus den keplerschen Gesetzen hat Newton das Gravitationsgesetz abgeleitet. Diese Ableitung soll hier rekapituliert werden. Vernachlässigt man die Wechselwirkung zwischen den Trabanten und nimmt nur dir Gravitationskraft des Zentralgestirns, ist die Beschleunigung eines Trabanten zu jeder Zeit und an jedem Ort gleich der Gravitationsfeldstärke des Zentralgestirns. Aus der Symmetrie des Gravitatinsfeldes folgt, dass die Feldstärke und somit die Beschleunigung immer gegen die Mitte des Zentralgestirns zeigt. Ausgedrückt in Polarkoordinaten ist die Radialbeschleunigung gleich
- [math]g=a_r=\ddot r-r\dot\varphi^2[/math]
Die elliptische Bahn eines Trabanten lässt sich mit Hilfe der numerischen Exzentrizität :[math]\varepsilon = \frac ea = \frac{\sqrt{a^2-b^2}}a [/math] (a grosse, b kleine Halbasche, e Exzentrizität) und dem Parameter [math]k=\frac{a^2-e^2}{a}=\frac{b^2}{a}[/math] beschreiben
- [math]\frac 1r=\frac 1k(1+\varepsilon \cos\varphi)[/math]
Leitet man diese Ellipsengleichung einmal nach der Zeit ab, folgt
- [math]-\frac{\dot r}{r^2}=-\frac{\varepsilon}{k}\sin(\varphi)\dot\varphi[/math]
oder
- [math]\dot r=\frac{\varepsilon}{k}\sin(\varphi)r^2\dot\varphi[/math]
Der Flächensatz (zweites keplersches Gesetz) verlangt nun, dass die Änderungsrate der Fläche AP
- [math]\vec r\times \vec v=r^2\dot\varphi=2A_{P}[/math]
konstant bleibt. Folglich ist die Radialgeschwindigkeit gleich
- [math]\dot r=\frac{\varepsilon}{k}\sin(\varphi)2A_P[/math]
Eine nochmalige Ableitung nach der Zeit liefert
- [math]\ddot r=2\frac{\varepsilon A_P}{k}\cos(\varphi)\dot \varphi=4\frac{\varepsilon A_P^2}{kr^2}\cos(\varphi)[/math]
Der zweite Term in der Radialbeschleunigung lässt sich ebenfalls mit Hilfe des Flächensatzes umschreiben
- [math]r\dot\varphi^2=4\frac{A_P^2}{r^3}[/math]
Nun setzt man beide Ausdrücke in die Radialbeschleunigung ein und verwendet nochmals die Beschreibung der Ellipse vom Brennpunkt aus
- [math]g=a_r=\ddot r-r\dot\varphi^2=4\frac{A_P^2}{r^2}\left(\frac{\varepsilon}{k}\cos\varphi-\frac 1r\right)=-4\frac{A_P^2}{kr^2}[/math]
Die Flächenänderungsrate AP und der Ellipsenparameter k sind für jeden Trabanten verschieden. Für die zugehörige Umlaufzeit gilt
- [math]T=\frac{A}{A_P}=\frac{\pi ab}{A_P}[/math]
Das dritte keplersche Gesetz verlangt nun, dass die Umlaufzeit im Quadrat dividiert durch die dritte Potenz der grossen Halbachse a für alle Trabanten den gleichen Wert liefert
- [math]\frac{T^2}{a^3}=\frac{\pi^2 a^2 b^2}{A_P^2 a^3}=\frac{\pi^2 b^2}{A_P^2 a}=\frac{\pi^2 k}{A_P^2}=KK[/math]
In der zweitletzten Umformung ist für den Ellipsenparameter k die Beziehung [math]k=\frac{b^2}{a}[/math] verwendet worden. Die Keplerkonstante KK hat für alle Trabanten den gleichen Wert. Folglich gilt für die Gravitationsfeldstärke
- [math]g=-\frac{4\pi^2}{KK}\frac{1}{r^2}[/math]
Aus den keplerschen Gesetzen folgt damit, dass sich die Gravitationsfeldstärke eines grossen Himmelskörpers wie die Intensität des Lichts einer punktförmigen Quelle mit dem Quadrat des Abstandes abschwächt. Nimmt man an, dass die Gravitationsfeldstärke proportional zur Masse des Zentralgestirns mZ und einer universellen Konstante G ist, darf das die Graviationsfeldstärke eines Körpers wie folgt geschrieben werden
- [math]g=-G\frac{m_Z}{r^2}[/math]
Die Keplerkonstante ist demnach proportional zum Reziprokwert der Masse des Zentralgestirns
- [math]KK=\frac{4\pi^2}{G m_Z}[/math]
Seit man die Gravitationskonstante G im Labor bestimmen kann, kennt man dank den keplerschen Gesetzen die Masse der verschiedenen Zentralgestirne (Sonne, Jupiter, Erde).
Simulation
Die Bewegung eines Himmelskörpers im Feld der Sonne lässt sich rein kinematisch berechnen, bestimmt doch die momentane Lage eines Körpers direkt die Beschleunigung (die Beschleunigung ist gleich der dort wirkenden Gravitationsfeldstärke). Das systemdynamische Modell besteht deshalb nur aus vier Integratoren (je zwei pro Raumrichtung) und einer Rückkopplung
- [math]\begin{pmatrix}a_x\\a_y\end{pmatrix}=-\frac{konst.}{r^3}\begin{pmatrix}x\\y\end{pmatrix}[/math]
Die hier verwendete Konstante ist, wie weiter oben diskutiert, gleich vier mal das Quadrat von π dividiert durch die Keplerkonstante. Nimmt man die Erde als Himmelskörper, beträgt die Umlaufzeit ein Jahr. Die zugehörige Bahn darf in erster Näherung als Kreis mit einem Radius von 150 Millionen Kilometer angenommen werden. Dies ergibt eine Keplerkonstante von 2.95*10-19 s2/m3. Daraus berechnet man eine Gravitationsfeldstärke am Ort der Erde von 5.946*10-3 N/kg (m/s2). Weil die Beschleunigung auf einer Kreisbahn gleich dem Quadrat der Geschwindigkeit dividiert durch den Radius ist, ergibt sich die Geschwindigkeit aus
- [math]v=\sqrt{a_nr}=\sqrt{gr}=\sqrt{\frac{4\pi^2}{KK\cdot r}}[/math] =29'865 m/s
Die zweite Graphik zeigt eine Kreisbahn (rot) und zwei Ellipsen. Die Kreisbahn entsteht, falls man den weiter oben bestimmten Wert für die Geschwindigkeit von 29'865 m/s als Anfangswert für vy0 und gleichzeitig 1.5*1011 m als Startwert in x-Richtung einsetzt. Vergrössert man die Anfangsgeschwindigkeit um 1000 m/s auf 30'865 m/s, ergibt sich eine Ellipse, die auf der gegenüber liegenden Seite der Sonne weiter hinauf führt (grüne Kurve). Eine um 1000 m/s kleiner Anfangsgeschwindigkeit ergibt eine Ellipse (schwarze Kurve), welche auf der linken Seite näher bei der Sonne verläuft. Die gewählte Simulationszeit von 200 Millionen Sekunden (6.3 Jahre) lässt die Erde mehrmals über den Kreis oder die Ellipsen wandern. Erst bei sehr starker Vergrösserung der Bahn können Abweichungen zwischen den einzelnen Umläufen festgestellt werden. Diese unterschiedlichen Bahnverläufe sind numerisch bedingt. Die exakte Lösung sieht nur eine Ellipsenbahn vor, die beliebig oft durchlaufen werden kann.
Auf der dritten Graphik sind drei recht unterschiedliche Bahnen, die nur noch wenig Gemeinsamkeiten aufweisen, zu erkennen. Die grüne Kurve beschreibt die gleich Ellipse wie die entsprechende Kurve in der zweiten Graphik. Die beiden andern Kurven sind mit der selben Anfangsgeschwindigkeit von 30'865 m/s und dem selben Startort simuliert worden. Nur ist diesmal die Gesetzmässigkeit der Gravitation verändert worden. Statt ein Exponent von 2 ist einer von 1.99 (rote Kurve) und einer von 1.98 (schwarze Kurve) eingesetzt worden. Würde die Gravitationsfeldstärke nicht exakt mit [math]\frac {1}{r^2}[/math] abnehmen, würden die Bahnen der Trabanten der Sonne (Planeten, Planetoiden und Kometen) nicht mehr die Form von Ellipsen annehmen.
Die Bahn des Merkurs weicht etwas von der Ellipsenform ab. Diese Abweichung, die viel weniger ausgeprägt ist als hier gezeigt, dreht die grosse Achse der Merkurellipse ein ganz klein wenig (Periheldrehung). Ein Teil dieser Drehung (43 Bodensekunden in hundert Jahren) kann nur mit der allgemeinen Relativitätstheorie erklärt werden. Gemäss dieser von Albert Einstein formulierten Gravitationstheorie ändert sich das Gravitationsfeld in der Nähe der Sonne nicht genau nach dem eins-durch-r-Quadrat-Gesetz.
Aus dynamischer Sicht ist die Bewegung eines Körpers in einem Zentralfeld eine unbefriedigende Sache, weil der Impuls mit einem fiktiven Punkt im All (Gravitationszentrum) ausgetauscht wird. Modelliert man die Sonne dazu, erhält man ein Zweikörperproblem. Ab dem Dreikörperproblem existieren keine geschlossenen Lösungen mehr. Der Aufwand, ein solches Modell mit Hilfe der Systemdynamik aufzustellen, hält sich dennoch in Grenzen.
Weblinks
- Walter Fendt: Erstes Keplersches Gesetz, Zweites Keplersches Gesetz (Java-Applets)
- Weltbilder – Kepler Gesetze. In: LEIFI. Didaktik der Physik. Uni München − Informationen, Animationen, Versuche und Aufgaben (Java-Applets)