Irrtümer

Im Gegensatz zu einer Lüge, bei der die Wahrheit bewusst verfälscht worden ist, entsteht ein Irrtum unabsichtlich aus falschen Informationen oder Schlüssen. Nachfolgend sind einige Irrtümer aufgeführt, die sich in den Köpfen von Schüerinnen und Schülern oder Studierenden gerne festsetzen. Leider werden einige dieser Irrtümer teilweise auch von Lehrenden und Lehrbüchern hemmungslos weiter verbreitet.

Bewegung

  • Behauptung: Die Geschwindigkeit eines Autos bleibt erhalten, solange der Tachometer einen konstanten Wert anzeigt.
    • Berichtigung: Die Geschwindigkeit ist eine vektorielle Grösse. Folglich kann die Geschwindigkeit nur konstant sein, wenn sich sowohl Betrag und Richtung dieser Grösse nicht ändern.
    • Hintergrund: In der Umgangssprache verstehen wir unter Geschwindigkeit meist nur den Betrag dieser Grösse. Der Betrag der Geschwindigkeit wird in der Physik oft Schnelligkeit genannt.
  • Behauptung: Betätigt der Fahrer das Gaspedal, erfährt sein Auto eine positive Beschleunigung; drückt er auf die Bremse, ist die Beschleunigung des Autos negativ.
    • Berichtigung: Das Vorzeichen der Beschleunigung hängt auch bei einer eindimensionalen Bewegung von der Wahl des Koordinatensystems ab. Bewegt sich das Auto in negative Richtung, geht die Geschwindigkeit beim Bremsen von einem negativen Wert gegen Null hoch, was einer positiven Beschleunigung entspricht. Im Flüssigkeitsbild steigt der Pegel bei einer positiven Beschleunigung an und sinkt bei einem negativen Wert ab. Weist die Kurve im Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm längs der Zeitachse nach oben, ist die Beschleunigung positiv.
    • Hintergrund: Der Kraftbegriff der Umgangssprache bezieht sich meistens auf die Energie statt auf den Impuls. Konsequenterweise überträgt man diese Assoziation auch auf die Beschleunigung.
  • Behauptung: Eine Beschleunigung kann man spüren.
    • Berichtigung: Die Beschleunigung ist die Änderungsrate der Geschwindigkeit oder die Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit. Die Geschwindigkeit ist wiederum die Änderungsrate des Ortes oder die Ableitung des Ortes nach der Zeit. Um den Ort festzulegen, benötigt man ein Bezugssystem. Folglich hängt die Beschleunigung vom Bezugssystem ab, also von der Wahl des Beobachters.
    • Beispiel:Fährt ein Auto gegen eine Mauer, kann die Beschleunigung eines bestimmen Punktes des Fahrers gegen den Autositz oder gegen die Mauer bestimmt werden.
    • Hintergrund: Bezogen auf ein Fahrzeug, das gegenüber der Erde beschleunigt ist, wirkt ein anderes Gravitationsfeld als auf der Erdoberfläche. Direkt spüren kann man aber nur die von den Impulsströmen auf den Körper ausgeübte Wirkung. Auch ein Beschleunigungssensor misst primär die lokale Gravitationsfeldstärke. Zieht man davon die Gravitationsfeldstärke der Erde ab, erhält man bis auf das Vorzeichen die Beschleunigung des Körpers gegenüber einen bezüglich der Erde ruhenden Beobachter.
  • Behauptung: Ein Astornaut ist schwerelos, weil
    1. kein Gravitationsfeld wirkt
    2. weil das Gravitationsfeld der Erde nicht so weit hinauf reicht
    3. weil er in einem antriebslosen Satelleliten frei fällt
    4. weil sich die Kapsel im luftleeren Raum befindet
    5. weil er sich ausserhalb des Magnetfelds der Erde befindet
    • Berichtigung: Die beiden letzten Behauptungen sind völliger Unsinn und müssen nicht weiter kommentiert werden. Das Gravitationsfeld der Erde geht mit dem Quadrat des Abstandes von der Erdmitte zurück und ist somit nirgends genau gleich Null. Aber in jedem antriebslos durch den leeren Vakuum fallenden Raumschiff ist man schwerelos, weil das Gravitationsfeld bis auf das Gezeitenfeld durch die Fallbewegung wegtransformiert wird. Antwort 3 ist somit richtig. Antwort 1 ist richtig, sobald man die Gravitation im Sinne von Einstein auffasst.
    • Hintergrund: Im statischen Universum von Isaac Newton gibt es einen absolut ruhenden Raum. Die Gravitation entfaltet eine von Raum und Zeit unabhängige Wirkung, die von den Massen der einzelnen Himmelskörper erzeugt wird. In allen gleichförmig dazu bewegten Systemen, den Inertialsystemen, gelten uneingeschränkt die Bewegungsgesetze. Im dynamischen Universum von Albert Einstein gibt es kein ausgezeichnetes Bezugssystem mehr. Die Gesetze der Physik gelten in jedem Bezugssystem. Die Gravitation selber, die in allen frei fallenden Systemen lokal verschwindet, ist ein rein geometrisches Phänomen. Gefühlsmässig stehen wir Einstein viel näher als Newton, da wir vom lokal nachweisbaren Gravitationsfeld direkt beeinflusst werden (vergl. mit oben).
  • Behauptung: Der Mond fällt nicht runter, weil auf seiner Bahn die Fliehkraft genauso gross ist wie die Anziehungskraft.
    • Berichtigung: Der Mond wird von der Erde angezogen und fällt tatsächlich hinunter. Weil er aber gleichzeitig noch eine Geschwindigkeit normal zur Gravitationswirkung besitzt, fällt er um die Erde herum. Eine Flieh- oder Zentrifugalkraft darf erst eingeführt werden, wenn man die Bewegung eines Körpers von einem rotierenden Bezugssystem aus analysiert.
    • Hintergrund: Das irrtümlich postulierte Kräftegleichgewicht bei einer Kurvenfahrt ist auf das mangelhafte Verständnis des Begriffs Beschleunigung zurückzuführen (vergl. oben). Solange man als Beschleunigung nur die Änderungsrate der Schnelligkeit (Betrag der Geschwindigkeit) akzeptiert, sieht man den eine Kurve fahrenden Körper als unbeschleunigt an. Um solche Körper künstlich ins Gleichgewicht zu setzen, neigen viele Lernende und leider auch viele Lehrende zur missbräuchlichen Verwendung des Begriffs Zentrifugalkraft. Isaac Newton hat als erster erkannt, dass auf den Mond die gleich universelle Kraft wirkt wie auf den fallenden Apfel. Später hat Albert Einstein die Gravitation als rein geometrisches Phänomen gedeutet. Gemäss Einstein bewegt sich der Mond geradlinig durch die (gekrümmte) Raum-Zeit.

Translation

Rotation

Elektrizität

Wärme