Wärme
Geschichte
Im 18. Jahrhundert sah man die Wärme als gewichtslosen Stoff, der in die feinsten Poren eindringt und so zum Beispiel die Ausdehnung der Thermometerflüssigkeit verursacht. Diese Wärme bezeichnete man als "Caloricum" oder auch "Phlogiston". Die Stofftheorie der Wärme kam am Ende des 18. Jahrhunderts u.a. durch Experimente in der bayerischen Kanonenbohrerei in München in Schwierigkeiten. Im Jahre 1798 unternahm Benjamin Tompson, der spätere Graf Rumford folgenden Versuch:
- Rumford ließ einen stumpfen Bohrer im Inneren eines Kanonenrohres laufen. Nach kurzer Zeit wurden das Rohr glühend heiß und das zur Kühlung verwendete Wasser kam zum Sieden. Der Versuch nahm auch nach sehr vielen Wiederholungen immer den gleichen Ausgang. Wenn Wärme ein Stoff wäre, der durch den Bohrvorgang aus dem Stahl ausgetrieben wird, dann müsste der Wärmestoff irgendwann zur Neige gehen. Da dies aber nicht der Fall war, kamen Zweifel an der Phlogiston-Theorie auf.
1824 hat Sadi Carnot in seiner berühmten Arbeit "Réflexions sur la puissance motrice du feu" einen theoretischen Prozess eingeführt, um die von einer Dampfmaschine maximal freiseztbare Energie abzuschätzen. Carnot argumentiert mit einem Wärmestoff (calorique), der wie das Wasser im Wasserfall von einem hohen zu einem tiefen Niveau (Temperatur) fällt und dabei bewegende Kraft (puissance motrice) freisetzt. Leider ist diese geniale Argumentation von Carnot später falsch interpretiert worden.
Mitte des 19. Jahrhunderts haben Robert Mayer, James Prescott Joule und Hermann von Helmholtz gezeigt, dass Wärme eine Übertragungsform der Energie ist. Trotzdem ist die heute allgemein anerkannte Definition der Wärme als thermische Energieübertragungsform ein Unding. Zwei Einwände gilt es zu hinterfragen
- Was heisst thermisch? Wie kann eine einzige Grösse, die Energie, in verschiedenen Formen in Erscheinung treten?
- 1905 hat Albert Einstein gezeigt, dass Energie und Masse identische Grössen sind. Fasst man die Einsteinsche Äquivalenz von Energie und Masse mit der Wärme als Übertragungsform zu einer einzigen Aussage zusammen, wird die Wärme zu einer Übertragungsform der Masse. Ist dies eine hinreichende Erklärung für all die thermischen Phänomene, die wir in der Natur vorfinden?
Theorie
Die Physik der dynamischen Systeme bringt all die Unstimmigkeiten und zum Teil hilflosen Erklärungsversuche der vergangenen Epochen auf den Punkt:
- Die eigentliche Wärme, die bilanzierfähige Primärgrösse der Thermodynamik, ist die Entropie S mit der Einheit J/K. Entropie kann gespeichert, übertragen und erzeugt werden.
- Das thermische Potenzial ist die absolute Temperatur T mit der Einheit Kelvin (K).
- Energie W wird als zugeordneter Energiestrom (Einheit Watt) vom Entropiestrom transportiert:
- [math] I_W = T I_S[/math]
- Energie wird in einem thermischen Prozess als Leistung (Einheit Watt) vom Entropiestrom freigesetzt oder aufgenommen:
- [math] P = \Delta T I_S[/math]
Sadi Carnot hat diese Zusammenhänge klar gesehen:
- Das Wasser des Wasserfalles entspricht der thermisch fallenden Entropie.
- Die Fallhöhe oder etwas präziser die Differenz des Gravitationspotenzials enspricht der Temperaturdifferenz.
- Mit der treibenden Kraft des Wasser oder des Wärmestoffes hat Carnot - wie damals üblich - die Energie gemeint.
Das einzige, was Carnot nicht gesehen hat, ist die Tatsache, dass Entropie erzeugt werden kann und die Energie dafür erhalten bleibt:
- Fällt Wasser unkontrolliert über einen Wasserfall, bleibt die Masse erhalten. Die treibende Kraft geht verloren, weil Entropie erzeugt wird. Die Energie wird also nicht, wie Carnot geglaubt hat, vernichtet. Sie hat nur als treibende Kraft der Mechanik ausgedient, weil sie an die produzierte Entropie gebunden wird.
- Fliesst Wärme von einem heissen zu einem kalten Körper, geht die Energie als treibende Kraft verloren, weil zusätzlich Entropie erzeugt wird. Bei der Wärmeleitung kann die mitfliessende Energie nicht als treibende Kraft genutzt werden, weil sie längs des Transportprozesses bei sinkender Temperatur auf einen immer stärker werdenden Entropiestrom umgeladen wird.
Carnot hat geglaubt, dass der Wärmestoff erhalten bleit und die treibende Kraft bei unsorgfälltiger Prozessführung vernichtet wird. Hätte er gemerkt, dass bei allen reibungsbehafteten Prozessen Entropie produziert wird und dass die Energie ihre treibende Kraft verliert, weil sie von der produzierten Entropie gebunden wird, wäre die Geschichte der Thermodynamik gradliniger verlaufen und auch ein Fachhochschulingenieur könnte heute in wenigen Worten erklären, was der grundlegende Prozess bei einer Wärmepumpe ist.
Beispiele
Wärme pumpen
- Ein Kühlschrank muss die eindringende Wärme wieder hinaus befördern. Dazu wird die eigentliche Wärme, die Entropie, mit Hilfe der elektrischen Energie thermisch hinauf gepumpt. Das Hineinfliessen der Wärme ist ein natürlicher und das Hinauspumpen der Wärme ein erzwungener Prozess:
- Bei der in den Kühlschrank hineinfliessenden Wärme bleibt die Stärke des Energiestromes erhalten und die Stärke des Entropiestromes nimmt maximal zu
- Bei einem Kühlschrank mit idealer Wärmepumpe würde die Entropie beim Pumpen erhalten bleiben. Die elektrische Leistung wäre dann minimal.
- Eine Wärmepumpe fördert Entropie von draussen ins Haus hinein.
- Für eine idealen Wärmepumpe gilt: [math] \frac{Heizleistung}{Pumpleistung} = \frac{I_S T_{innen}}{I_S (T_{innen} - T_{aussen})} = \frac{T_{innen}}{T_{innen} - T_{aussen}}[/math]
- Eine Elektroheizung produziert dagegen die Entropie vor Ort. Die vom elektrischen Strom freigesetzte Leistung dient bei dieser Heizung nur der Entropieerzeugung: [math] P=T_{Heizung}\Pi_S=T_{Heiung}I_S=I_{W_{thermisch}}[/math] (ΠS steht für die Entropieproduktionsrate).
Kalorimetrie
- Wird heisses Wasser in einem wärmeisolierten Gefäss mit kaltem gemischt, bleibt die Energie des Gesamtsystems erhalten und die Entopie nimmt maximal zu.
- Gibt man einen Eiswürfel zu warmem Cola, bleit die Gesamtenergie konstant und die Entropie nimmt maximal zu, falls der Mischvorgang in einem wärmeisolierenden Gefäss stattfindet.
Reibung
- Im Bohrversuch von Graf Rumford setzt ein Drehimpulsstrom über einer Winkelgeschwindigkeitsdifferenz eine Leistung frei. Die freigesetzte Energie erzeugt Entropie: [math] \Pi_S = \frac {P_{diss}}{T} = \frac {M \omega}{T}[/math]
- Ein Elektroofen gibt Wärme ab. Das Stromkabel führt nur elektrische Energie zu. Die Wärme, die Entropie, entsteht erst im Ofen: [math] \Pi_S = \frac {P_{diss}}{T} = \frac {I U}{T}[/math]
- In einem wärmeleitenden Stab setzt die Entropie eine Prozessleistung frei. Die Wärmeleitung kann in zwei Schritten erklärt werden:
- Mit der thermischen Prozessleistung wird Entropie produziert: [math] \Pi_S = \frac {P_{diss}}{T_2} = \frac {I_{S1} (T_1 - T_2)}{T_2}[/math]
- Die produzierte Entropie muss zur zufliessenden addiert werden: [math] I_{S2} = I_{S1} + \Pi_S = I_{S1} (1 + \frac {(T_1 - T_2)}{T_2})[/math]
- Multipliziert man den abfliessenden Entropiestrom mit der zugehörigen Temperatur, zeigt sich die Energieerhaltung zwischen Ein- und Ausgang: [math] I_{W2} = I_{S2} T_2 = I_{S1} T_1 = I_{W1}[/math]
Gase
- Drückt man Luft schnell zusammen, steigt die Temperatur. Gase können Entropie aktuell (temperaturwirksam) oder latent (volumenmässig) speichern. Verkleinert man das Gasvolumen, "wandelt" sich latente in aktuelle Entropie um. Folglich steigt die Temperatur.
- Gas, das über eine Drosselstelle strömt, bleibt in etwa gleich warm.
- Würde das Gas über eine Turbine strömen, würde es sich merklich abkühlen. Im Bereich der Turbine wandelt sich aktuelle Entropie in latente um. Die dabei freigesetzte Energie treibt die Turbine an.
- Weil das Gas bei einer Drosselstelle die Energie nicht abgeben kann, wird Entropie erzeugt. Die produzierte Entropie heizt das sich ausdehnende Gas so weit auf, dass die Temperatur bis auf den Joule-Thomson-Effekt konstant bleibt.