Scheinkraft und Trägheitskraft: Unterschied zwischen den Versionen
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Subtrahiert man nun im Grundgesetz der Mechanik, der [[Impulsbilanz]], alle Terme ausser der Beschleunigung relativ zum neuen System auf die linke Seite, erhält man zwei Trägheitskräfte, die [[Corioliskraft]] und die [[Zentrifugalkraft]]. |
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Neben der Zentrifugalkraft muss auf dem rotierenden Bezugssystem noch eine geschwindigkeitsabhängige Corioliskraft eingeführt werden |
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Die [[Corioliskraft]] ist proportional zur Geschwindigkeit relativ zum rotierenden System und proportional zur Winkelgeschwindigkeit des Systems. Zudem steht sie normal zu diesen beiden Grössen. |
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'''Beispiele''' |
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*Ein Auto fährt mit konstanter [[Schnelligkeit]] in eine Kurve (der Betrag nicht aber die Richtung der Geschwindigkeit ist konstant). Analysiert man die Bewegung des Autos von aussen, darf unter keinen Umständen eine Zentrifugalkraft eingeführt werden. Nimmt man das Auto selber als Bezugssystem, wirkt auf alle Körper im Innern des Autos das Zentrifugalfeld des Autos mit einer Zentrifugalkraft ein. |
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*Auf einem Karussell muss eine Zentrifugal- und eine Corioliskraft eingeführt werden, sobald man die Bewegungen von Körpern relativ zum Karussell untersucht. |
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*Auf der Erde überlagert sich das von der Masse der Erde erzeugte Gravitationsfeld mit dem Zentrifugalfeld. Die Erdoberfläche verläuft bis auf die Gebirge und andere kleine Abweichungen entlang einer Äquipotentialfläche des überlagerten Gravitationsfeldes. |
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*Die Corioliskraft steht immer normal zur Winkelgeschwindigkeit der Erde und normal zur Geschwindigkeit des betreffenden Körpers. An den Polen wirkt die Corioliskraft horizontal. Am Äquator verschwindet die Corioliskraft, sobald sich der Körper in Nord-Süd- oder Süd-Nord-Richtung bewegt. Ist die Geschwindigkeit parallel zum Äquator ausgerichtet, zeigt die Corioliskraft entweder nach oben oder nach unten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die '''Horizontalkomponente''' der Corioliskraft mit dem Sinus der geographischen Breite zunimmt <math>F_{Ch} = 2m\cdot v \cdot \omega \cdot \sin \varphi</math>. |
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Version vom 2. Juni 2007, 13:18 Uhr
Scheinkräfte und Trägheitskräfte treten in der Newtonschen Physik in Nicht-Inertialsystemen auf. In der Relativitätstheorie muss auch die Gravitations- oder Gewichtskraft zu den Trägheitskräften gezählt werden.
Theorie
Kräfte sind Impulsströme oder Impulsquellen. Wer von diesem umfassenden und auch zeitgemässen Kraftbegriff ausgeht, sollte keine Mühe haben, das Konzept der Trägheitskräfte zu verstehen.
Ein fester, nicht elektrisch geladener, unmagnetischer Körper kann mit der Umgebung Impuls über die Oberfläche (Oberflächen- oder Kontaktkraft) oder mit dem Gravitationsfeld (Gewichtskraft) austauschen. Die Impulsbilanz besagt dann, dass die Summe über alle Impulsstromstärken bezüglich des Körpers plus die Stärke der Impulsquelle gleich der Änderungsrate des Impulsinhaltes ist
- [math]\sum_i \vec F_i + \vec F_G = \dot{\vec p}[/math]
Nun ist sowohl die Stärke der Gravitationskraft (Impulsquelle) als auch die Impulsänderungsrate proportional zu Masse. Diese doppelte Wirkung der Masse wird oft mit schwerer und träger Masse umschrieben, obwohl es natürlich nur eine Masse gibt. Ersetzt man den Impulsinhalt durch Masse mal Geschwindigkeit des Massenmittelpunktes und schreibt die Gewichtskraft mit Hilfe der Gravitationsfeldstärke, erhält man das Grundgesetz der Mechanik
- [math]\sum_i \vec F_i + m \vec g = m \dot{\vec v} = m \ddot{\vec s}[/math]
Der Ortsvektor des Massenmittelpunktes des Körpers s muss bezüglich eines Bezugssystems gemessen werden. Zudem ist die Gewichtskraft unter keinen Umständen direkt messbar.
Misst man den Ortsvektor bezüglich eines zweiten Bezugssystems, erhält man unter Umständen eine andere Beschleunigung. Geometrisch kann der neue Ortsvektor aus dem alten Berechnet werden, wenn man die Bewegung des neuen Bezugssytems gegenüber dem alten kennt
- [math]\sum_i \vec F_i + m \vec g = m (\ddot{\vec s_0} + \ddot{\vec s^'})[/math]
Nun kann man das Grundgesetz der Mechanik auch auf das neue System anwenden, indem man den Teil der Impulsänderungsrate, der nicht durch die Beschleunigung im neuen System erklärt werden kann, zur Gravitation dazu addiert.
beschleunigtes Bezugssystem
Mit beschleunigtes Bezugssystem ist hier ein System gemeint, das gegenüber dem ursprünglichen gleichmässig beschleunigt wird. Subtrahiert man die Beschleunigung des neuen Systems gegenüber dem alten auf die linke Seite des Grundgesetzes, erhält man eine veränderte Gravitationsfeldstärke
- [math]\sum_i \vec F_i + m \vec g^' = m\dot{\vec v^'}[/math]
wobei die Gravitationsfeldstärke im neuen System gleich der Feldstärke im ursprünglichen minus die Beschleunigung des neuen Systems gegenüber dem alten ist
- [math]\vec g^' = \vec g + \vec g_t = \vec g - \dot{\vec v_0} [/math]
Die Beschleunigung des neuen Systems gegenüber dem alten macht sich im neuen System als negative Trägheitsfeldstärke bemerkbar. Analog zur Gewichtskraft bezeichnet man das Produkt aus Masse mal Trägheitsfeldstärke als Trägheitskraft
- [math]\vec F_t = m \vec g_t[/math]
Befindet man sich in einem beschleunigten System, macht die Unterscheidung zwischen ursprüngliche Gewichtskraft und Trägheitskraft wenig Sinn. Unsere Sinnesorgane nehmen immer nur das lokal nachweisbare Gravitationsfeld, das die Stärke g' aufweist, wahr.
Beispiele
- Sitzt man im Speisewagen eines Zuges und beobachtet, wie die Suppe am vorderen Rand des Tellers aufsteigt, weiss man im ersten Moment nicht, ob der Zug bremst oder eine Rampe hinunter fährt.
- In einem anfahrenden Bus kippen die Köpfe der Passagiere nach hinten. Der von einem Kind gehaltene Ballon wandert dagegen nach vorn, da sich die Schnur des Ballons nach dem neuen Oben ausrichtet.
- In einem Fallturm verschwindet die Gravitation bezüglich der frei fallenden Kapsel, weil die Beschleunigung der Kapsel gerade gleich der Gravitationsfeldstärke ist. Die ursprüngliche Gravitationsfeldstärke wird in der fallenden Kapsel durch die Stärke des Trägheitsfeldes exakt kompensiert.
- Im Flugzeug fühlt man sich schwerelos, sobald die Piloten die Bewegung eines im Vakuum geworfenen Steins nachvollziehen. Die Beschleunigung des Flugzeuges gegen die Erde ist dann gleich der Gravitationsfeldstärke. Da bezüglich des Flugzeuges die Beschleunigung des Flugzeuges von der ursprünglichen Gravitationsfeldstärke abgezogen werden muss, verschwindet das Gravitationsfeld im Flugzeug drin, bis auf die von den Piloten verursachten Ungenauigkeiten.
- Alle antriebslos durch den Weltraum fliegenden Astro- oder Kosmonauten fühlen sich schwerelos, weil ihr Raumschiff nur durch die Summe die Gravitations- oder Gewichtskraft aller andern Himmelskörper beschleunigt wird. Weil es in den weiten des Weltraumes aber kein vorherrschendes Bezugssystem gibt, bezüglich dessen man die Beschleunigung messen könnte, hat Albert Einstein das Gefühl dieser Weltraumpassagiere in den Rang einer wissenschaftlichen Hypothese erhoben: bezüglich frei fallender Systemen gibt es kein Gravitationsfeld. Nach Einstein ist man bei einem Raumflug schwerelos.
rotierendes Bezugssystem
In einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotierenden Bezugssystem lässt sich die Geschwindigkeit eines Körpers in eine Geschwindigkeit relativ zum rotierenden System und einen Rest zerlegen. Der Rest, der zweite Teil der Geschwindigkeit, beschreibt die Geschwindigkeit des zugehörigen Punktes auf dem rotierenden System relativ zum Ruhesystem
[math]\vec v = \vec v^' + \vec \omega \times \vec r[/math]
Der Ortsvektor r, nicht aber seine Komponentendarstellung, sieht in beiden Systemen gleich aus.
Die Beschleunigung kann auf ähnliche Art und Weise zerlegt werden
[math]\dot {\vec v} = \dot {\vec v^'} + 2 (\vec \omega \times \vec v^') + \vec \omega \times (\vec \omega \times \vec r)[/math]
Subtrahiert man nun im Grundgesetz der Mechanik, der Impulsbilanz, alle Terme ausser der Beschleunigung relativ zum neuen System auf die linke Seite, erhält man zwei Trägheitskräfte, die Corioliskraft und die Zentrifugalkraft.
Die Zentrifugalkraft
[math]\vec F_Z = m (\vec \omega \times \vec r) \times \vec \omega))[/math]
der ortsabhängige Teil der Trägheitskraft, ist betragsmässig gleich FZ = m ω2 r und zeigt vom Zentrum des rotierenden Systems weg. Die Zentrifugalkraft nimmt also linear mit dem Abstand vom Zentrum des rotierenden Bezugssystem gemessen zu.
Neben der Zentrifugalkraft muss auf dem rotierenden Bezugssystem noch eine geschwindigkeitsabhängige Corioliskraft eingeführt werden
[math]\vec F_C = 2 m (\vec v^' \times \vec \omega)[/math]
Die Corioliskraft ist proportional zur Geschwindigkeit relativ zum rotierenden System und proportional zur Winkelgeschwindigkeit des Systems. Zudem steht sie normal zu diesen beiden Grössen.
Beispiele
- Ein Auto fährt mit konstanter Schnelligkeit in eine Kurve (der Betrag nicht aber die Richtung der Geschwindigkeit ist konstant). Analysiert man die Bewegung des Autos von aussen, darf unter keinen Umständen eine Zentrifugalkraft eingeführt werden. Nimmt man das Auto selber als Bezugssystem, wirkt auf alle Körper im Innern des Autos das Zentrifugalfeld des Autos mit einer Zentrifugalkraft ein.
- Auf einem Karussell muss eine Zentrifugal- und eine Corioliskraft eingeführt werden, sobald man die Bewegungen von Körpern relativ zum Karussell untersucht.
- Auf der Erde überlagert sich das von der Masse der Erde erzeugte Gravitationsfeld mit dem Zentrifugalfeld. Die Erdoberfläche verläuft bis auf die Gebirge und andere kleine Abweichungen entlang einer Äquipotentialfläche des überlagerten Gravitationsfeldes.
- Die Corioliskraft steht immer normal zur Winkelgeschwindigkeit der Erde und normal zur Geschwindigkeit des betreffenden Körpers. An den Polen wirkt die Corioliskraft horizontal. Am Äquator verschwindet die Corioliskraft, sobald sich der Körper in Nord-Süd- oder Süd-Nord-Richtung bewegt. Ist die Geschwindigkeit parallel zum Äquator ausgerichtet, zeigt die Corioliskraft entweder nach oben oder nach unten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Horizontalkomponente der Corioliskraft mit dem Sinus der geographischen Breite zunimmt [math]F_{Ch} = 2m\cdot v \cdot \omega \cdot \sin \varphi[/math].