Lorentz-Transformation

Das Relativitätsprinzip von Albert Einstein verlangt, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen gleich gross ist. Aus diesem Postulat folgt eine Transformationsvorschrift für die Raum-Zeit, die nach Hendrik Antoon Lorentz benannt worden ist.

Raum-Zeit

Isaac Newton hat Raum und Zeit zu den grundlegendsten Grössen der Natur erklärt, über deren Wesen nicht weiter zu spekulieren ist. In der Vorstellung von Newton bildet der Raum einen dreidimensionalen Kasten, in dem sich die Objekte mit der Zeit bewegen. Diese Vorstellung wird mit dem Relativitätsprinzip hinfällig. Raum und Zeit verschmelzen nun zu einem vierdimensionalen Kontinuum, das je nach Beobachter (Bezugssystem) in einen Raum- und einen Zeitanteil zerlegt werden kann. Die Begriffe gleichzeitig und räumliche Distanz verlieren damit ihre Gültigkeit. Zwei [Ereignisse] (Raum-Zeit-Punkte), die der eine Beobachter als gleichzeitig einstuft, können für einen zweiten nacheinander passiert sein. Die Kausalität muss aber unter allen Umständen gewahrt bleiben.

Sobald Raum und Zeit als Einheit gesehen werden, müssen zeitliche Intervalle und räumliche Distanzen mit der gleichen Einheit gemessen werden. Entweder misst man die Zeit in Metern oder die Länge in Sekunden (in der theoretischen Physik lässt man beide Einheiten ganz weg und setzt die Geschwindigkeit des Lichts gleich eins). Um einen Zeitabschnitt in Metern zu messen, multiplizieren wir ihn mit der Lichtgeschwindigkeit

[math]\Delta T=c\Delta t[/math]

Eine Zeit von einem Meter Länge entspricht damit der Zeitspanne, die das Licht im Vakuum benötigt, um einen Meter zurück zu legen. Unser räumliches Auflösungsvermögen ist demnach viel feiner als das zeitliche, können wir doch mit Hilfe einer Schieblehre eine Länge problemlos auf einen Zehntel Millimeter genau messen, wogegen wir bei einem Film die 18 Bilder pro Sekunde nicht einzeln erkennen können. Die Bilder eines Films folgen sich in einem zeitlichen Abstand von 16'667 Kilometer.

Drehung

Dreht man das Koordinatensystem um eine Achse, ändern sich wohl zwei der drei Koordinaten. Die Distanz zwischen zwei Punkten bleibt dagegen erhalten; die Drehung des Koordinatensystems verändert die Länge einer Strecke nicht

[math]s^2=(\Delta x)^2+(\Delta y)^2=(\Delta x')^2+(\Delta y')^2[/math]

Die ungestrichenen Grössen beschreiben die Komponenten im alten, die gestrichenen im neuen Koordinatensystem. Statt das Koordinatensystem kann auch der Körper gedreht werden. Eine solche Drehung kann wird mittels einer Drehmatrix beschrieben

[math]R=\begin{pmatrix} \cos\varphi & -\sin\varphi \\ \sin\varphi & \cos\varphi\end{pmatrix}[/math]

Nun kann der Winkel z.B. durch die beiden Komponenten einer ursprünglich parallel zur x-Achse ausgerichteten Strecke berechnet werden

[math]\tan\varphi=\frac{\Delta y}{\Delta x}[/math]

Damit erhält man für die einzelnen Komponenten der Drehmatrix

[math]\sin\varphi=\frac{\tan\varphi}{\sqrt{1+\tan\varphi^2}}=\frac{\frac{\Delta y}{\Delta x}}{\sqrt{1+\left(\frac{\Delta y}{\Delta x}\right)^2}}[/math]
[math]\cos\varphi=\frac{1}{\sqrt{1+\tan\varphi^2}}=\frac{1}{\sqrt{1+\left(\frac{\Delta y}{\Delta x}\right)^2}}[/math]

Die Drehmatrix lässt sich - wenigstens bis zu einer Drehung von fast π/2 - mittels den Komponenten einer ursprünglich parallel zur x-Achse ausgerichteten Strecke beschreiben.

Eigenzeit

Falls die Lichtgeschwindigkeit in allen Bezugssystemen gleich gross ist, gilt

[math]c=\frac{\Delta x}{\Delta t}=\frac{\Delta x'}{\Delta t'}[/math]

Daraus folgt

[math](c\Delta t)^2-(\Delta x)^2=(c\Delta t')^2-(\Delta x')^2=0[/math]

Falls zwei Ereignisse auf dem gleichen Lichtstrahl liegen, ist dieser Ausdruck immer gleich Null. Nun verallgemeinern wir auf zwei beliebige Ereignisse

[math](c\Delta t)^2-(\Delta x)^2=(c\Delta t')^2-(\Delta x')^2=c^2\Delta\tau^2[/math]

Die Grösse τ beschreibt die Zeitpanne, die ein bezüglich des gewählten Systems ruhende Beobachter misst. Deshalb nennt man diese Grösse auch Eigenzeit.

raum-zeitliche "Drehung"

Die Drehung verändert die Länge einer Strecke nicht. Die Lorentz-Transformation, welche aus dem Relativitätsprinzip folgt, lässt die Eigenzeit invariant

[math](\Delta T)^2-(\Delta x)^2=(\Delta T')^2-(\Delta x')^2=c^2\Delta\tau^2[/math]

Die Berechnung der Eigenzeit weicht nur im Vorzeichen von der Definition der Länge einer Strecke ab. Um eine Transformation zu formulieen, welche die Eigenzeit invariant lässt, sind die trigonometrischen Funktionen durch hyperbolsiche zu ersetzen. Zudem entällt das Minuszeichen

[math]L=\begin{pmatrix} \cosh\psi & \sinh\psi \\ \sinh\psi & \cosh\psi\end{pmatrix}[/math]

Der Tangens Hyperbolicus des Winkels entspricht einer dimensionslosen Geschwindigkeit V

[math]\tanh\psi=\frac{\Delta x}{\Delta T}=V=\frac vc[/math]

Damit erhält man für die einzelnen Komponenten der Lorentz-Transformation

[math]\sinh\psi=\frac{\tanh\psi}{\sqrt{1+\tanh\psi^2}}=\frac{V}{\sqrt{1+V^2}}[/math]
[math]\cosh\psi=\frac{1}{\sqrt{1+\tanh\psi^2}}=\frac{1}{\sqrt{1+V^2}}[/math]

Die Lorenzt-Transformation hängt demnach wie folgt von der Relativgeschwindigkeit der beiden Inertialsysteme ab

[math]L=\begin{pmatrix}\frac{1}{\sqrt{1+V^2}}&\frac{V}{\sqrt{1+V^2}}\\ \frac{V}{\sqrt{1+V^2}}& \frac{1}{\sqrt{1+V^2}}\end{pmatrix}=\frac{1}{\sqrt{1+V^2}}\begin{pmatrix} 1 & V \\ V & 1 \end{pmatrix}[/math]