Drehimpulsbilanz: Unterschied zwischen den Versionen

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==leitungsartige Drehimpulsströme==
==leitungsartige Drehimpulsströme==
Der [[Drehimpulsstrom]] kann nicht wie der leitungsartige [[Impulsstrom]] direkt lokolisiert werden. Die Bezeichnung [[leitungsartig]] trifft dennoch in einer gewissen Weise zu, weil das Drehimpuls leitende Bauteil auf den Drehimpulsstrom mit einer Verformung ([[Torsion]] oder [[Biegung]]) reagiert. Fliesst der Drehimpuls in seine eigene Bezugsrichtung durch eine Antriebswelle, gilt folgende Regel
Der [[Drehimpulsstrom]] kann nicht wie der leitungsartige [[Impulsstrom]] direkt lokalisiert werden. Die Bezeichnung [[leitungsartig]] trifft dennoch in einer gewissen Weise zu, weil das Drehimpuls leitende Bauteil auf den Drehimpulsstrom mit einer Verformung ([[Torsion]] oder [[Biegung]]) reagiert. Fliesst der Drehimpuls in seine eigene Bezugsrichtung durch eine Antriebswelle, gilt folgende Regel


:im zur '''Linksschraube''' verdrehten Welle fliesst der Drehimpuls '''vorwärts''', im zur '''Rechtsschraube''' verdrehten Stab '''rückwärts''' zur Bezugsrichtung
:im zur '''Linksschraube''' verdrehten Welle fliesst der Drehimpuls '''vorwärts''', im zur '''Rechtsschraube''' verdrehten Stab '''rückwärts''' zur Bezugsrichtung

Version vom 4. Juli 2007, 03:41 Uhr

Der Drehimpuls wird oft nur als geometrischen Begleiter des Impulses gesehen. Diese Sicht, die auf der Modellstruktur der Punktmechanik und des daraus abgeleiteten Modells des starren Körpers basiert, ignoriert die letzten hundert Jahre Physik. Der Drehimpuls ist wie z.B. die elektrische Ladung, die Masse oder die Entropie eine nicht weiter zu erklärende Fundamentalgrösse der Natur. Sobald man die Wege kennt, über die ein System Drehimpuls austauscht, kann eine umfassende Drehimpulsbilanz formuliert werden.

allgemeine Form

Die Drehimpulsbilanz verknüpft die leitungsartigen und die konvektiven Drehimpulsströme mit den Drehimpulsquellen bezüglich eines Systems und setzt diese Summe gleich der zugehörigen Drehimpulsänderungsrate

[math]\sum_{i} \begin{pmatrix} I_{Lx i}\\ I_{Ly i} \\ I_{Lz i}\end{pmatrix} + \sum_{j} \begin{pmatrix} I_{Lxconj}\\ I_{Lyconj} \\ I_{Lzconj}\end{pmatrix} + \sum_{k} \begin{pmatrix} \Sigma_{Lxk}\\ \Sigma_{Lyk} \\ \Sigma_{Lzk}\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} \dot L_x\\ \dot L_y \\ \dot L_z\end{pmatrix}[/math]

Die leitungsartigen Drehimpulsströme und die -quellen nennt man Drehmomente; die konvektiven Drehimpusströme können durch das Vektorprodukt aus Abstand zum Massenmittelpunkt des Systems und konvektiven Impulsstrom geschrieben werden.

leitungsartige Drehimpulsströme

Der Drehimpulsstrom kann nicht wie der leitungsartige Impulsstrom direkt lokalisiert werden. Die Bezeichnung leitungsartig trifft dennoch in einer gewissen Weise zu, weil das Drehimpuls leitende Bauteil auf den Drehimpulsstrom mit einer Verformung (Torsion oder Biegung) reagiert. Fliesst der Drehimpuls in seine eigene Bezugsrichtung durch eine Antriebswelle, gilt folgende Regel

im zur Linksschraube verdrehten Welle fliesst der Drehimpuls vorwärts, im zur Rechtsschraube verdrehten Stab rückwärts zur Bezugsrichtung

Leitet ein Balken den Drehimpuls seitwärts zur Bezugsrichtung weiter, wird er gebogen. Die Stromstärke des Drehimpulses heisst in der [technische Mechanik|Technischen Mechanik] je nach Transportrichtung Torsionsmoment (vorwärts und rückwärts) oder Biegemoment (seitwärts). Leitungsartige Drehimpulsströme sind immer von leitungsartigen Impulsströmen umflossen. Den leitungsartigen Drehimpulsstrom kenn man auch unter dem Namen Kraftfluss.

Drehimpulsquellen

Drehimpuls kann einem Körper zugeführt werden, ohne dass der Transportweg wie bei den leitungsartigen Drehimpulsströmen, identifiziert werden kann. Man spricht dann von Quellen. Drehimpulsquellen bilden sich, wenn im Innern eines Körpers ein Impulsstrom quer zur eigenen Bezugsrichtung fliesst. Diese Betrachtungsweise bezieht sich auf das System als Ganzes. Lokal sind die Impulsströme nach dem Prinzip der zugeordneten Schubspannungen übers Kreuz verknüpft.

Die älteste Formulierung der Quellenstärke liefert das Hebelgesetz. Orientiert man den Hebel in x-Richtung und belastet beide Arme in z-Richtung mit je einer Kraft, fliesst der eine z-Impulsstrom in die positive x-Richtung durch den Hebel zur Drehachse und der andere strömt gegen die x-Koordinate. Der in positive Richtung fliessende Impulsstrom bildet Quellen des y-Drehimpulses aus, der in negative Richtung fliessende Impulsstrom erzeugt Drehimpulssenken. Damit der Hebel nicht zu rotieren anfängt, muss die Quellenstärke gleich der Senkenstärke sein.

Nach dem Hebelgesetz ist die Quellenstärke proportional zur Fliessstrecke und proportional zur Stromsträrke des Impulsstromes

[math]\begin{pmatrix} \Sigma_{Lx}\\ \Sigma_{Ly} \\ \Sigma_{Lz}\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} \Delta z I_{py} - \Delta y I_{pz}\\ \Delta x I_{pz} - \Delta z I_{px} \\ \Delta y I_{px} - \Delta x I_{py}\end{pmatrix}[/math]


Das elektromagnetische Feld erzeugt eine Drehimpulsquelle, falls der Körper ein elektrisches oder magnetisches Dipolmoment aufweist.

zugeordnete Drehmpulsströme

Die Physik der dynamischen Systeme unterscheidet zwischen dem zugeordneten Energiestrom und der Prozessleistung. Analog zum zugeordneten Energiestrom kann dem Impulsstrom ein Drehimpulsstrom bezüglich eines fixen Punktes im Raum zugeordnet werden

[math]\begin{pmatrix} I_{Lx}\\ I_{Ly} \\ I_{Lz}\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} z I_{py} - y I_{pz}\\ x I_{pz} - z I_{px} \\ y I_{px} - x I_{py}\end{pmatrix}[/math]

Der Vekttor r = (x, y, z) zeigt vom fixen Bezugspunkt zur Mitte der Referenzfläche, an der die Impulsstromstärke gemessen wird.

Der zugeordnete Drehimpulsstrom entspricht dem zugeordneten Energiestrom und die Drehimpulsquellen im Innern eines Bauteils der Prozessleistung. Wenn also ein Körper mit der Umgebung Impuls austauscht, wird nur ein Teil des zugeordneten Drehimpulsstromes im Körper umgesetzt. Dieser Teil verhält sich zum Ganzen wie die Strecke im Körper zum Abstand vom Bezugspunkt. Bei frei beweglichen Körpern fliesst der Impuls immer zwischen Eintrittsstelle des Impulsstromes (Angriffstelle der Kraft) und Massenmittelpunkt. Nimmt man den Massenmittelpunkt des Körpers als Bezugspunkt, sind zugeordneter Drehimpulsstrom und Drehimpulsquelle identisch.

konvektive Drehmpulsströme

Fliesst ein konvektiver Impulsstrom durch die Oberfläche eines Systems, kann diesem Transport ebenfalls ein Drehimpulsstrom zugeordnet werden

[math]\begin{pmatrix} I_{Lxcon}\\ I_{Lycon} \\ I_{Lzcon}\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} z I_{pycon} - y I_{pzcon}\\ x I_{pzcon} - z I_{pxcon} \\ y I_{pxcon} - x I_{pycon}\end{pmatrix}[/math]

Nimmt man den Massenmittelpunkt eines frei beweglichen Systems als Bezugspunkt, entspricht der zugeordnete Drehimpulsstrom dem Drehimpulsumsatz im frei beweglichen System.

fester Körper

Die Drehimpulsstrom- und -quellenstärken bezüglich eines festen Körpers nennt man Drehmoment. Traditionellerweise wird das Drehmoment über die Kraft definiert. Das Drehmoment entspricht dann dem zugeordneten Drehimpulsstrom

[math]\vec M = \vec r \times \vec F[/math]

Fällt der Bezugspunkt mit dem Massenmittelpunkt des Körpers zusammen, beschreibt das Drehmoment den Drehimpulsstrom bezüglich des Körpers.

Fliesst der Drehimpuls über eine verdrehte Welle zu, kann der Impulsstromdichte eine Drehimpulsstromdichte bezüglich des Schwerpunktes einer Schnittfläche durch die Welle zugeordnet werden. Die gesamte Drehimpulsstromstärke, das Drehmoment, erhält man durch Integration über die Schnittfläche. Die Drehimpulsstromstärke lässt sich aber auch einfach über die Torsion der Welle bestimmen.

Das Drehmoment des elektomagnetischen Feldes auf einen Körper mit einem elektrischen Dipolmoment mE un einem magnetischen Dipolmoment mB kann ohne Bezug zur Kraft als reines Drehmoment geschrieben werden

[math]\vec M = \vec m_E \times \vec E + \vec m_B \times \vec B[/math]