Schwenkbewegung und Unwucht
Ein Körper bewegt sich, sobald sein Impulsinhalt ungleich Null ist. Analog dazu verursacht der Drehimpuls eine Rotation. Die Beschreibung der Rotation eines starren Körpers dunterscheidet sich aber in zwei wesentlichen Punkten von der Translation
- der Zusammenhang zwischen Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit wird durch einen Tensor vermittelt
- die Drehungen bilden eine Gruppe und keinen Vektorraum wie die Translation
Nachfolgend wird zuerst ein kurzer Überblick über die Mechanik des starren Körpers gegeben. Danach wird untersucht, was bei einer Schwenkbewegung eines Rotors passiert. Im letzten Teil werden statische und dynamische Unwucht erklärt.
Lernziele
In dieser Vorlesung lernen Sie
starrer Körper
Die Mechanik des [starrer Körper|starren Körpers]] ist eines der Kernthemen der Ingenieurwissenschaften. Jeder Ingenieur sollte die dieser Mechanik zugrunde liegende Struktur im Prinzip verstehen. Deshalb werden in diesem Abschnitt die grundlegenden Gesetze aufbauend auf den umfassenden Prinzipien der Physik der dynamischen Systeme nochmals zusammengefasst.
Grundgesetze
Ein starrer speichert Impuls und Drehimpuls, wobei die Summe über die zugehörigen Strom- und Quellenstärken die Änderungsraten des Inhalts festlegt. Die Stärken der Impulsströme bezüglich eines ausgewählten Körpers nennt man Oberflächenkräfte, die Gewichtskraft bildet eine Impulsquelle
- [math] \sum_i\vec F_i+m\vec g=\dot{\vec p}[/math]
Im Gegensatz zum Impuls ist der Drehimpuls nicht lokalisierbar, d.h. es gibt weder Dichten noch Stromdichten. Dennoch kann man bezüglich ganzer Bauteile eine zur Impulsbilanz analoge Struktur der Drehimpulsbilanz formulieren
- [math] \sum_i\vec M_i+\sum_j(\vec r_j\times\vec F_j)=\dot{\vec L}[/math]
Reine Drehmomente entstehen durch die Einwirkung des elektromagnetischen Feldes, verdrehte Wellen oder gebogene Balken. Solche Drehmoment lassen sich ersatzweise durch ein Kräftepaar darstellen. Zudem muss jeder Kraft ein Drehmoment zugewiesen werden, sobald deren Wirklinie nicht durch den Massenmittelpunkt des Körpers geht (Hebelgesetz). Der Betrag des einer Kraft zugeordneten Drehmoments ist dann gleich Kraft mal Abstand des Massenmittelpunktes von der Wirklinie der Kraft. Das Drehmoment steht dann normal zu der Ebene, die von der Wirklinie und dem Massenmittelpunkt aufgespannt wird. Das Vektorprodukt im zweiten Term der Drehimpulsbilanz drückt genau diesen Sachverhalt aus. Die Zuordnung eines Drehmoments zu einem Kräftepaar bzw. einer Kraft und einem ausgewählten Punkt beruht auf dem Umstand, dass ein seitwärts fliessender Impulsstrom immer eine Drehimpulsquelle oder -senke induziert. So wie der zugeordnete Energiestrom erst in der Prozessleistung umgesetzt wird, wirkt der dem Impuls zugeordnete Drehimpuls erst im Körper selber.
Der Impulsinhalt legt die Geschwindigkeit des Massenmittelpunkts fest
- [math]\vec v_{MMP}=\frac{\vec p}{m}[/math]
Ein analoger, aber um einiges komplexerer Zusammenhang gilt zwischen Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit
- [math]\vec L=\vec{\vec J}\vec\omega[/math]
Das Massenträgheitsmoment J ist ein Tensor, kann also bezüglich des raumfesten Koordinatensystems (Weltsystem) als 3x3-Matrize geschrieben werden.
Die momentane Position des Massenmittelpunktes ergibt sich aus der Geschwindigkeit durch eine Integration über die Zeit
- [math]\vec s_{MMP}(t)=\int_0^t\vec v_{MMP}\tilde dt[/math]
Die Orientierung des Körpers im Raum wird durch die orthonormale Drehmatrix R(t) beschrieben. Diese Matrix transformiert die Komponenten eines Vektors vom Weltsystem in ein körperfestes System. Die Drehmatrix, die drei frei wählbare Parameter besitzt, kann aus der Winkelgeschwindigkeit durch eine Integration über die Zeit ermittelt werden. Um diese Integration auszuführen, benutzt man entweder die Euler-Parametrisierung oder in jüngster Zeit vermehrt die Quaternionen, eine Verallgemeinerung der komplexen Zahlen.
Bilanz bezüglich Impuls und Drehimpuls formulieren, mit Hilfe der Trägheit (träge Masse, Massenträgheitsmoment) Geschwindigkeit und Winkelgeschwindigkeit ermitteln und daraus die Position des Massenmittelpunktes und die Orientierung im Raum berechnen, sind die drei grundlegenden Schritte der Mechanik des starren Körpers. Sie müssen die einzelnen Schritte nicht bis ins letzte Detail verstehen, sollten aber ganze Verfahren dem Prinzip nach verstehen.