Tut 1.4
Ein Reservoir, das gefüllt und geleert wird, oder ein Körper, der von aufgeprägten Kräften beschleunigt wird, bilden noch keine dynamische Systeme. Erst wenn die gespeicherte Menge selber direkt oder indirekt auf die Zu- und Abflüsse zurück wirkt, kann von einem dynamischen System gesprochen werden. Mathematisch betrachtet bilden Flussgrössen, Bestandesgrössen und Rückkopplung (feed back) eine Differentialgleichung erster Ordnung.
Rückkopplungen
Eine System kann über eine oder mehrere Bestandesgrösse zurückkoppeln. Die Zahl der beteiligten Bestandesgrössen legt die Ordnung der Differentialgleichung fest. Wir beschränken uns hier auf Systeme mit nur einer Bestandesgrösse. Die entsprechende Menge wird dann mit der Umgebung ausgetauscht, die in der Regel ein festes Potenzial oder einen fixen Bezugspunkt für die intensive Grösse aufweist. Die nachfolgende Liste enthält Beispiele mit einem von aussen gesteuerten (aufgeprägten) Zustrom und einem vom Zustand des Systems abhängigen Abfluss.
System | Menge | intensive Grösse | Abfluss |
---|---|---|---|
Reservoir | Volumen | Füllhöhe oder Druck | laminar oder turbulent |
Mensch | Alkohol | Konzentration (Gewichtspromille) | über 0.2% konstant, danach linear |
fallender Körper | Impuls | Geschwindigkeit | Luftwiderstand, quadratisch |
positive und negative Rückkopplung
Wirkt die gespeicherte Menge über die intensive Grösse antreibend auf den Abfluss, spricht man von einer negativen Rückkopplung. Der Inhalt behindert dann das eigene Wachstum. Alle oben aufgeführten Beispiel sind negativ rückgekoppelt.
Fördert die gespeicherte Menge den Zufluss, spricht man von einer positiven Rückkopplung. Der Inhalt steigert dann das eigene Wachstum. Unbeschränkt rückgekoppelte Systeme zerstören sich in der Regel selber. Bei positiv rückgekoppelten Teilsysteme wird oft zuerst das Gesamtsystem kannibalisieren (Steuerwettbewerb).
Beispiel
Aus dem weiter oben als Systemdiagramm abgebildete und unter Parameter beschriebenen Reservoir fliesst über ein langes dünnes Rohr Wasser ab. Bei hohem Füllstand ist der Abfluss turbulent. Bei turbulenter Strömung nimmt die Stärke des Abflusses mit der Wurzel aus dem Überdruck zu
- [math]I_{V_2} = \sqrt{\frac {p}{k}}[/math]
Sinkt der Wasserspiegel unter die kritische Grenze, fliesst das Wasser laminar durch das Rohr weg. Bei laminarem Abfluss ist die Stromstärke proportional zu Überdruck im Gefäss
- [math]I_{V_2} = \frac {p}{R_V}[/math]
Die Konstante k und der Strömungswiderstand RV sind so zu wählen, dass bei einem Füllstand von einem Meter, also bei einem Druck von 10 kPa, der Abfluss bei 0.01 m3/s, dieturbulent von turbulent auf laminar umschlägt. Mit diesen Angeben können die beiden Systemparameter berechnet werden
- [math]k = \left(\frac {p}{(I_{V_2})^2}\right)_{krit}[/math] = 108 Pa s2/m6
- [math]R_V = \left(\frac {p}{I_{V_2}}\right)_{krit}[/math] = 106 Pa s/m3
Damit der Umschlag beim kritischen Druck von 10kPa passiert, schreibt man diese Bedingung in den Abfluss hinein:
- IV2 = if p > 1e4 then sqrt(p/k) else p/R_V
Der Zufluss ist in diesem Modell entfernt worden (aktivieren und Tastenkombination Ctrl + Delete eingeben).
Die Graphik zeigt den Füllstand sowie die Stromstärke des Abflusses in Funktion der Zeit. Bei turbulentem Abfluss nimmt die Stromstärke linear und die Füllhöhe quadratisch in der Zeit ab. Der laminare Abfluss bildet mit dem Reservoir zusammen ein lineares RC-Glied. Bei linearen RC-Gliedern nimmt sowohl das Potenzial als auch die Stromstärke expônentiell mit der Zeit ab
- [math]h = h_{an}e^{-t/\tau}[/math] mit [math]\tau = RC[/math]