Impulsbilanz modellieren
Die Mechanik kennt neben der Energie zwei vektorwertige, bilanzierfähige Grössen, den Impuls und den Drehimpuls. Zerlegt man diese beiden Vektormengen bezüglich eines Koordinatensystems, erhält man sechs nicht mischbare Komponenten. Dazu kommen noch all die geometrischen Eigenschaften: mathematisch gesehen bildet die Rotation eine nichtabelsche Gruppe; Verschiebung und Drehung hängen voneinander ab; jeder Drehimpulstransport bedingt eine spezielle Anordnung der Impulsströme; der Drehimpulsinhalt eines Objekts ist durch die Verteilung des Impulses festgelegt. Für zusätzliche Verwirrung sorgt dann noch das Gravitationsfeld, da dessen Wirkung von der Bewegung des Beobachters abhängt.
Zum Glück sind nicht alle mechanischen Vorgänge so komplex. Viele Bewegungsabläufe in der Technik lassen sich in guter Näherung als eindimensional Verschiebung modellieren. Dazu gehören einige typische Unfälle auf der Strasse, die Längsbewegungen von Schienenfahrzeugen oder das Verhalten des Fahrgestells eines Flugzeuges beim Landen. Solche Bewegungen sollen nun modelliert und simuliert werden.
Aufgabenstellung
Das dynamische Verhalten von zwei bis drei Wagen oder Schlitten auf einer Rollbahn bzw. einer Linearführung ist zu modellieren, zu simulieren und zu messen. Dabei gehen Sie wie folgt vor:
- Bahn auswählten (zur Zeit stehen drei Rollbahnen und eine Linearführung zur Verfügung)
- zwischen Stoss- oder Schwingungsvorgang entscheiden
- Basis- und Ausbauvarianten festlegen
- Basisvariante modellieren, simulieren, messen und dabei die zugehörigen Parameter und Kennlinien festlegen
- System weiter ausbauen und Modell anpassen
- Energiebilanz als zweite Ebene zufügen
- Modell so erweitern, dass auch Bewegungen auf einer geneigte Bahn simuliert werden können
Das hier eingesetzte Datenerfassungs-System Labpro von Vernier erlaubt die Messung der Beschleunigungen (5 g und 25 g), der Impulsströme (bis 50 N) und des Ortes (Ultraschall-Sensor).
Modellbildung
Die Impulsbilanz bildet das Rückgrat dieses Modells. Auf einer zweiten Ebene wird der Ort der Wagen oder Schlitten berechnet. Dabei kann man jedem Objekt einen eigenen Ursprung zuordnen oder alle Positionen auf das gleiche Koordinatensystem beziehen. Die Energiebilanz bildet dann die dritte Ebene.
Der Zusammenhang zwischen Impuls, Geschwindigkeit und Ort ist gegeben. Schraubenfeder verhalten sich linear-elastisch. Die Kennlinie von Gummi- und Elastomerseilen ist dagegen nicht linear. Zudem tritt eine innere Reibung auf, die einen Coulombschen und einen viskoelastischen Anteil aufweist. Stossdämpfer können als Blackbox mit Hilfe von Kennlinien oder bei bekanntem Aufbau als Whitebox modelliert werden. Die Reibung gegen die Bahn und gegen Luft ist adäquat nachzubilden.
Simulation
In erster Linie sind die Daten zu simulieren, die auch gemessen werden können. Berechnete und gemessene Daten sind im gleichen Diagramm darzustellen.
Die Anpassung der Simulation an die Messung erfolgt auf zwei Ebenen, die klar gegeneinander abzugrenzen sind
- Parameter und Kennlinien beschreiben das generelle Verhalten der einzelnen Elemente. Diese Grössen sollten, sobald sie einmal angepasst worden sind, von Simulationslauf zu Simulationslauf nicht mehr verändert werden. Zu diesen Systemeigenschaften gehören z.B. die Federkonstanten und die Federkennlinien.
- Anfangsbedingungen wie Startort und Anfangsgeschwindigkeit können sich von Versuch zu Versuch ändern und sind bei jeder Simulation neu zu setzen. Anfangsbedingungen hängen mit den Startwerten in den "Töpfen" von Berkeley-Madonna zusammen (jeder Topf symbolisiert eine Zustansgrösse; zu jeder Zustandsgrösse gehört ein Startwert).
Die Simulation ermöglicht auch die Darstellung von nicht direkt messbaren Grössen, wie Prozessleistung, zugeordneter Energiestrom, Impulsaustausch zwischen Wagen und Bahn (Gleitreibung) oder Luftwiderstand. Zur Kontrolle können Eingabegrössen wie etwa eine Federkennlinie dargestellt werden. Das Verhalten dynamischer Syteme lässt sich auch im Phasendiagramm darstellen.
Diskussion
Erklärung
Anhand dieses Modells sollen auch drei Bilder der Physik der dynamischen Systeme erläutert werden. Wählen Sie dazu eine bestimmten Zeitpunkt im Verhalten des komplexesten Ihrer Modelle aus und skizzieren Sie dazu das
- Flüssigkeitsbild
- Impulsstrombild
- Schnittbild (free body diagramm)
Beantworten Sie folgende Fragen in Ihren eigenen Worten und anhand dieser drei Bilder
- Wie hängen Kraft und Impulsstrom zusammen?
- Welche Aussagen sind in den Newtonschen Axiomen enthalten?