Trägheit als Induktivität

Thema dieser Vorlesung ist die hydraulische Induktivität. Widerstand und Kapazität bilden die primären Eigenschaften von Leitungen und Gefässen. Modelliert man ein System nur mit diesen beiden Elementen, können Ausgleichsvorgänge, aber keine Schwingungen simuliert werden. Schwingungsfähige Systeme weisen neben Kapazitäten und Widerständen auch noch Induktivitäten auf.

Lernziele

In dieser Vorlesung lernen Sie

  • wie ein induktives Element das Systemverhalten beeinflusst
  • wie die hydraulische Induktivität definiert ist
  • von welchen Einflussgrössen die hydraulische Induktivität eines langen Rohrstückes abhängt
  • wie die induktiv gespeicherte Energie zu berechnen ist
  • wie man die Schwingungsdauer in einem U-Rohr rechnet

kommunizierende Gefässe

U-Rohr

Sind zwei Behälter über eine Leitung miteinander verbunden, nennt man die ganze Anordnung kommunizierende Gefässe. Wird nun eines der beiden Gefässe gefüllt und das andere zuerst leer gelasssen, fliesst ein Ausgleichstrom, bis das Niveau in beiden Gefässen gleich hoch ist. Wie dieser Vorgang zu modellieren ist, sollten Sie in der Zwischenzeit gelernt haben. Nun denken wir uns die Verbindungsleitung immer dicker, bis die zwei Gefässe und das dazwischen liegende Verbindungsstück zu einem U-förmigen Rohr verschmolzen sind. Wird nun die Flüssigkeit auf der einen Seite des U-Rohres angehoben, indem man auf der andern Seite den Luftdruck über dem Flüssigkeitsspiegel erhöht, beginnnt die Flässigkeitssäule zu schwingen, sobald der überhöhte Luftdruck weg fällt.

Wie bringt man das mit Flüssigkeit gefüllte Rohr im systemdynamischen Modell zum Schwingen? Der Versuch, den Widerstand zu verkleinern oder die beiden Kapazitäten zu erhöhen, bringt nichts. Es braucht ein weiteres Sytemelement, um eine Schwingung zu erzwingen. Vergleichen wir nochmals die Bewegung im U-Rohr mit dem Ausgleichsvorgang in zwei kommunizierenden Gefässen. Im ersten Fall bewegt sich die Säule beschleunigt auf den Gleichgewichtszustand zu, im zweiten klingt der Volumenstrom in der Verbindungsleitung bis zum Ausgleich stetig ab. Im U-Rohr wird Gravitationsenergie in Bewegungsenergie "umgewandelt", bei den kommunizierenden Gefässen wird Gravitationsenergie im Rohr dissipiert. In der Hydrodynamik äussert sich der Speicher für die Bewegungsenergie als Induktivität. Wir werden später sehen, dass aus der Sicht der Translationsmechanik die gleiche Ursache, die Trägheit der Flüssigkeit, als Kapazität gesehen wird.

Definition

Der Begriff Induktivität entstammt der Elektrodynamik und wird dort vom Induktionsgesetz her erklärt. In der Systemdynamik löst man sich von den historischen Wurzeln und homologisiert die Elemente quer durch die Physik. Eine Induktivität ist eine allgemeine Eigenschaf von Leitungen, welche das Beharrungsvermögen des Stromes beschreibt. Diese Eigenschaft ist in der Hydrodynamik offensichtlich, kann sie doch auf die Trägheit der Flüssigkeit zurückgeführt werden. Eine Induktivität äussert sich in der Trägheit eines Stromes.

Schliesst man den Kugelhahn bei deiner Wasserleitung sehr schnell, kann man den Schlag der abzubremsenden Wassersäule gegen das geschlossene Ventil direkt hören. Würde man das Wasser durch das mehr als zehn Mal dichtere Quecksilber ersetzen, würde dieses im schlimmsten Fall das Ventil zerstören oder die Leitung zum Platzen bringen. Jede Flüssigkeitssäule, die abgebremst wird, erzeugt an der Stirnseite einen Überdruck. Diese Eigenschaft führt uns direkt zur Definition der Induktivität: die hydraulische Induktivität LV beschreibt das Verhältnis von Druckdifferenz über dem Element zur Änderungsrate der Volumenstromstärke

[math]\Delta p=L_V\dot I_V[/math]

Gemäss dieser Definition wird die Induktivität in Pas2 / m3 gemessen.

langes Rohr

Energie

U-Rohr