Impulsbilanz modellieren

Aus SystemPhysik

Die Mechanik kennt neben der Energie zwei vektorwertige, bilanzierfähige Grössen, den Impuls und den Drehimpuls. Zerlegt man diese beiden Vektormengen bezüglich eines Koordinatensystems, erhält man sechs nicht mischbare Komponenten. Dazu kommen noch die geometrischen Eigenschaften:

  • lässt man einen Körper nacheinander um zwei zueinander schief stehende Achsen rotieren, hängt das Ergebnis von der Reihenfolge dieser beiden Bewegungen ab
  • Verschiebung und Drehung hängen zusammen
  • jeder Drehimpulstransport ist von Impulsströmen begleitet
  • der Drehimpulsinhalt eines Objekts hängt mit der Verteilung des Impulses zusammen.

Für zusätzliche Verwirrung sorgt dann noch das Gravitationsfeld, weil dessen Wirkung von der Bewegung des Beobachters abhängt.

Zum Glück sind nicht alle mechanischen Vorgänge so komplex. Viele Bewegungsabläufe in der Technik lassen sich in guter Näherung als eindimensionale Verschiebung modellieren. Dazu gehören einige typische Unfälle auf der Strasse, die Längsbewegungen von Schienenfahrzeugen oder das Einfedern des Fahrgestells beim Aufsetzen auf der Piste. Solche Bewegungen sollen nun modelliert und simuliert werden.

Aufgabenstellung

Das dynamische Verhalten von zwei bis drei Wagen oder Schlitten auf einer Rollbahn bzw. einer Linearführung ist zu modellieren, zu simulieren und zu messen. Dabei gehen Sie wie folgt vor:

  1. Vorbereitungsphase
    1. Bahn auswählen (zur Zeit stehen vier Rollbahnen und eine Linearführung zur Verfügung)
    2. Entscheid zwischen Stossprozess oder Schwingungsvorgang fällen
    3. System festlegen (physikalische Beschreibung des Vorgangs)
  2. System modellieren und simulieren und dabei die zugehörigen Parameter und Kennlinien festlegen
  3. System und Kraftgesetze messen
  4. Modell validieren
  5. System mechanisch charakterisieren mit 3 Bildern
  6. Energiebilanz auf einer zweiten Ebene modellieren
  7. Modell so erweitern, dass auch Bewegungen auf einer geneigten Bahn simuliert werden können (nur modellieren, nicht messen)

System

Ihre stossenden oder schwingenden Wagen sollen mit nichtlinearen Kraftelementen gekoppelt werden (also nicht einfache elastische Metallfedern, sondern Gummi- und Elastomerbänder, Reibungselementen, Dämpfer). Wahrscheinlich lohnt es sich, verschiedene Fälle auszuprobieren, bevor Sie sich auf eine Variante festlegen.

Modellbildung

Die Impulsbilanz bildet das Rückgrat der Modelle zur Translationsmechanik. Ergänzend ist dann noch der Ort der Wagen oder Schlitten zu berechnen. Dabei kann man jedem Objekt einen eigenen Ursprung zuordnen oder alle Positionen auf das gleiche Koordinatensystem beziehen. Die Energiebilanz bildet dann die zweite Ebene.

Der Zusammenhang zwischen Impuls, Geschwindigkeit und Ort ist gegeben. Schraubenfedern verhalten sich linear-elastisch, d.h. sie haben eine lineare Kraft-Weg-Kennlinie. Die Kennlinie von Gummi- und Elastomerseilen ist dagegen nicht linear. Zudem tritt eine innere Reibung auf, die einen Coulombschen und einen viskoelastischen Anteil aufweist. Sich abstossende Magnete verhalten sich ebenfalls nichtlinear. Vielleicht finden Sie in der Literatur oder im Internet eine Funktion dazu. Stossdämpfer können als Blackbox mit Hilfe von Kennlinien oder bei bekanntem Aufbau als Whitebox modelliert werden. Die Reibung zwischen Wagen und Bahn sowie der Luftwiderstand sind adäquat nachzubilden.

Simulation

In erster Linie sind die Daten zu simulieren, die auch gemessen werden können. Berechnete und gemessene Daten sind im gleichen Diagramm darzustellen.

Die Anpassung der Simulation an die Messung erfolgt auf zwei Ebenen, die klar gegeneinander abzugrenzen sind

  1. Parameter und Kennlinien beschreiben das generelle Verhalten der einzelnen Elemente. Diese Grössen sollten, sobald sie einmal angepasst worden sind, von Simulationslauf zu Simulationslauf nicht mehr verändert werden. Typische Vertreter solcher Systemeigenschaften sind die Federkonstante und die Federkennlinie.
  2. Anfangsbedingungen wie Startort und Anfangsgeschwindigkeit können sich von Versuch zu Versuch ändern und sind bei jeder Simulation neu zu setzen. Anfangsbedingungen hängen mit den Startwerten in den "Töpfen" von Berkeley-Madonna zusammen (jeder Topf symbolisiert eine Zustansgrösse; zu jeder Zustandsgrösse gehört ein Startwert).

Die Simulation ermöglicht auch die Darstellung von nicht direkt messbaren Grössen, wie Prozessleistung, zugeordneter Energiestrom, Impulsaustausch zwischen Wagen und Bahn (Gleitreibung) oder Luftwiderstand. Zur Kontrolle können Eingabegrössen wie etwa eine Federkennlinie dargestellt werden. Das Verhalten dynamischer Syteme lässt sich auch im Phasenraum darstellen.

Experiment

Das Datenerfassungs-System Labpro von Vernier (Logger, Sensoren und Software), das hier verwendet wird, erlaubt die Messung der Beschleunigungen (5 g und 25 g), der Impulsströme (bis 50 N) und des Ortes (Ultraschall-Sensor oder Rotary Motion).

Einiges Zubehör, mit dem Sie die vorgegebenen Kopplungen zwischen den Stoss- bzw. Schwingungspartnern ergänzen können, ist schon vorhanden. Falls Sie Ideen für weitere Ergänzungen haben, überlegen Sie, wie diese realisiert werden können. Solche Beiträge sind sehr erwünscht.

Führen Sie nun einen Stoss- oder Schwingungsprozess durch und erfassen Sie die Messdaten. Überlegen Sie, wie Sie allfällige Messprobleme (Drift von Sensoren) lösen. Messen Sie auch die zusätzlichen Parameter (Reibung, Kraft-Weg-Gesetze).

Validierung

Wählen Sie eine geeignete Messung aus und validieren Sie Ihr Modell damit. Zeigen Sie die Übereinstimmung von Modellsimulation und Experiment in einem Diagramm und erklären Sie die Abweichungen falls möglich.

Mechanische Charakterisierung durch 3 Theorie-Bilder

Anhand dieses Modells sollen auch drei Bilder der Physik der dynamischen Systeme erstellt werden. Wählen Sie dazu einen bestimmten Zeitpunkt im Verhalten des komplexesten Ihrer Modelle aus und skizzieren Sie dazu das

Beantworten Sie folgende Fragen in Ihren eigenen Worten und anhand dieser drei Bilder

Dokumentation Ihrer Arbeit

Sie verfassen nicht wie sonst üblich einen Bericht, sondern von jedem Praktikumstag ein Arbeitsjournal. Darin beschreiben Sie oder fügen ein Ihre Arbeitsschritte, Ihre Überlegungen, Aufbauskizzen, Messungen, Resultate, Flowcharts, Simulationsdiagramme, Irrwege, Fehlersuche usw. Im Prinzip alles, woraus Sie etwas gelernt und was Sie erreicht haben. Dabei sollen Sie die Form eines Laborjournals verwenden. Die folgenden Elemente sollen in mindestens einem Ihrer Einträge ins Journal enthalten sein (Falls Sie mehrere Varianten untersucht haben, können Sie sich auf die interessanteste beschränken):

  • Dokumentation des untersuchten Systems (Aufbauskizze und Parameter)
  • Flowchart des Modells
  • Simulationsresultate als beschriftete Diagramme
  • Messresultate als beschriftete Diagramme (Simulations- und Messergebnisse soweit möglich im gleichen Diagramm darstellen)
  • Aussage zur Validierung
  • die drei Bilder (Flüssigkeitsbild, ...) inkl. Antworten auf die gestellten Fragen
  • Modellergänzung für eine geneigte Bahn
  • Gedankliche Übertragung des Laborexperiments in die reale Welt: 1 passendes Anwendungsbeispiel

Diese Arbeitsjournale führen Sie in der Art, wie sie Ihnen die/der Sprachdozent/in vorgestellt hat, vgl. Powerpoint-Präsentation Laborjournal. Für die Form haben Sie 2 Möglichkeiten: handschriftlich in einem Heft (keine losen Blätter) oder im Computer. Die gewählte Form verwenden Sie dann für alle Journale bis Projektende.

Abgabe (provisorisch)

Ihre Laborjournale geben Sie in 2 Paketen ab, Paket 1: Journale über ihre Arbeiten in Semesterwoche 8 - 10, Paket 2: Sem.'woche 11 - 14. Abgabetermin ist jeweils ca. 4 Arbeitstage nach dem entsprechenden Sprachpraktikum um 24:00 h und wird mit Ihnen durch die Dozenten vereinbart.