Lösung zu Fragen zur Energie

Aus SystemPhysik
  1. Die Energie übernimmt in der Physik der dynamischen Systeme die Rolle einer gebietübergreifenden Bilanzgrösse (Energie kann transportiert und gespeichert werden). Weil der umfassende Energiebegriff weder definiert noch aus theoretischen Überlegungen abgeleitet werden kann, sollte man solches schon gar nicht probieren.
  2. In einem Prozess durchfliesst eine mengenartige Grösse (Masse, Volumen, elektrische Ladung, Impuls, Drehimpuls, Entropie oder Stoffmenge) eine zugehörige Potenzialdifferenz (Gravitationspotenzial, Druck, elektrisches Potenzial, Geschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit, Temperatur, chemisches Potenzial). Die zugehörige Prozessleistung ist dann Potenzialdifferenz mal Stärke des durchfliessenden Mengenstromes.
  3. Einem Mengenstrom kann bezüglich einer Referenzfläche ein Energiestrom zugeordnet werden. Die Stärke dieses zugeordneten Energiestromes ist gleich Potenzial auf der Referenzfläche mal Stromstärke der Menge. Im Gegensatz zur Prozessleistung hängt die Stärke des zugeordneten Energiestroms von der Wahl des Potenzialnullpunktes ab. Den Begriff des zugeordneten Energiestromes braucht man unter anderem, um die Energieänderung eines Speichers zu rechnen.
  4. Etwas salopp formuliert ist Arbeit die bezüglich eines Systems mechanisch ausgetauschte Energie. Arbeit ist demnach eine Austauschform der Energie bezüglich eines vorher umschriebenen und abgegrenzten Systems. Was bedeutet nun aber mechanisch (ist mechanisch eine Eigenschaft der Energie)? Das Attribut mechanisch weist darauf hin, dass diese Energie zusammen mit dem Impuls oder dem Drehimpuls ausgetauscht worden ist. Arbeit kann streng genommen nur über den Begriffen Kraft und Drehmoment definiert werden. Deshalb sollte man soweit wie möglich und zweckmässig nur von Arbeit einer Kraft oder Arbeit eines Drehmomentes reden. Die Leistung einer Kraft und die Leistung eines Drehmomentes entsprechen dann den zugeordneten Energieströmen (eine Kraft ist eine bezüglich des Systems gemessene Stärke des Impulsstromes, ein Drehmoment ein bezüglich des Systems gemessene Stärke des Drehimpulsstromes).
  5. In der Physik ist Wärme die bezüglich eines Systems thermisch ausgetauschte Energie. Wärme ist demnach eine Austauschform der Energie bezüglich eines vorher umschriebenen und abgegrenzten Systems. Was bedeutet nun aber thermisch (ist thermisch eine Eigenschaft der Energie)? Das Attribut thermisch weist darauf hin, dass diese Energie zusammen mit dem Entropie ausgetauscht worden ist. Weil die in der Physik gebräuchliche Definition unseren Alltagsvorstellung von Wärme nicht entspricht, geistert viel Unsinn herum. Streng genommen müsste man Wörter wie Wärmespeicher, Wärmekapazität oder Wärmeerzeugung verbieten.
  6. Arbeit, Wärme, elektrische und chemische Energie sind Austauschformen der Energie. Folglich kann keine dieser Grössen gespeichert werden. Siehe auch die Antwort auf die nächste Frage.
  7. Die in einem System gespeicherte Energie darf nicht in Formen eingeteilt werden. Die gespeicherte Energie heisst schlicht und einfach innere Energie des Systems. Bei den in der Mechanik eingeführten Energieformen handelt es sich streng genommen nicht um im System gespeicherte Energie. Die Bewegungsenergie eines Körpers, die in eine kinetische Energie und eine Rotationsenergie unterteilt werden kann, bezieht sich immer auf ein (materielles) Bezugssystem. Die kinetische Energie wird freigesetzt, wenn der Körper auf die gleiche Geschwindigkeit wie das Bezugssystem gebracht wird: beim Abbremsen gibt der zwischen Körper und Bezugssystem fliessende Impulsstrom die kinetische Energie frei. Die Rotationsenergie wird freigesetzt, wenn der Körper auf die gleiche Winkelgeschwindigkeit wie das Bezugssystem gebracht wird: beim Abbremsen gibt der zwischen Körper und Bezugssystem fliessende Drehimpulsstrom die Rotationsenergie frei. Die potentielle Energie steckt dagegen im Gravitationsfeld (bzw. im elektromagnetischen Feld). Die potentielle Energie wird nur dem Körper zugerechnet, weil man der Gewichtskraft (bzw. der elektromagnetischen Kraft) üblicherweise keine Arbeit zuschreibt.
  8. Albert Einstein hat 1905 folgendes geschrieben: Die Masse eines Körpers ist ein Mass für dessen Energieinhalt; ändert sich die Energie um L, so ändert sich die Masse in demselben Sinne um L/(9 1020), wenn die Energie in Erg und die Masse in Grammen gemessen wird. Nach Einstein sind Masse und Energie zwei Wörter für die gleiche physikalische Grösse, d.h. Energie selber hat die Eigenschaft der Schwere und der Trägheit. Einstein hat also nicht behauptet, man könne aus Masse Energie produzieren oder Masse könne in Energie umgewandelt werden (man kann eine Grösse nicht in sich selbst umwandeln). Die von Einstein formulierte Äquivalenz von Masse und Energie relativiert einige Aussagen zur Energie. Wenn man in umgangssprachlichen Formulierungen das Wort Energie durch den äquivalenten Begriff Masse ersetzt, erhält man Aussagen, die von den Dadaisten kaum schräger hätten formuliert werden können: Wärme ist eine Masseform; Masse ist Arbeitsvermögen; erneuerbare Massen waren lange Zeit eine energiewirtschaftliche Randerscheinung.
  9. Kann Masse in verschiedene Formen umgewandelt werden? Die Physik der dynamischen Systeme nutzt den von Einstein geschaffenen Freiraum, um die Rolle der Energie klarer zu definieren. Die Begriffe Prozessleistung und zugeordneter Energiestrom widersprechen der von Einstein formulierten Äquivalenz von Masse und Energie nicht direkt, sie vereinfachen nur. Die Energie ist eine rein buchhalterische Grösse, die zusammen mit einer anderen Menge transportiert und in einem System gespeichert werden kann. Der Energieträger legt die (Austausch-) Form der Energie fest.
  10. Der fallende Körper tauscht mit dem Gravitationsfeld Impuls und Energie aus. Weil man die im Gravitationsfeld gespeicherte Energie dem Körper zuschreibt, muss man von einer Umwandlung reden (Umwandlung, Wandlung oder Transsubstantiation sind Begriffe aus der Philosophie oder Theologie und sollten in der Physik nur mit Vorsicht angewendet werden).
  11. Energie ist nur dann Arbeitsvermögen, wenn sie in einem Prozess freigesetzt werden kann, wenn sie sich von einem Träger auf einen zweiten umladen lässt. Energie (Masse) ist nicht per se Arbeitsvermögen.


Aufgabe